Japans Umgang mit dem Coronavirus: Ortung und Outing für Coronasünder
Wer nach Japan einreist und die Quarantänebestimmungen missachtet, bekommt Ärger. Auch ein Internetpranger soll die Japaner abschrecken.
W er sich innerhalb der Olympia-Blase mit dem Coronavirus infiziert, muss bekanntermaßen bis zu 14 Tage in ein Quarantänehotel umziehen. Quasi zur Strafe für die Ansteckung stellt Japan jede Gastfreundschaft ein, sperrt die Missetäter in ein Zimmer mit verschlossenen Fenstern und malträtiert sie dreimal täglich mit kaltem und fettigem Essen.
Außerhalb der Blase gelten weniger strenge Maßstäbe. Bis heute muss man beim Arzt klare Covidsymptome vorweisen, um einen PCR-Test zu bekommen – die staatliche Krankenkasse ist nämlich ziemlich knauserig. Wer sich in einem privaten Testzentrum für umgerechnet 150 bis 230 Euro auf eigene Kosten untersuchen lässt, muss wiederum nicht damit rechnen, bei einem Positivbescheid gemeldet zu werden. Diese Ergebnisse werden offiziell nicht gezählt, weil der Test nicht von einem Arzt gemacht wurde!
Jetzt hat das Gesundheitsministerium seine nachlässige Einstellung zumindest in einem Punkt überdacht. Erstmals knöpft es sich diejenigen Ausländer und Japaner vor, die ins Land eingereist sind und sich danach nicht an die vorgeschriebene 14-tägige Selbstquarantäne gehalten haben. Wie die Olympiateilnehmer müssen diese Besucher und Rückkehrer ihre Körpertemperatur täglich in eine Smartphone-App eingeben.
Regelmäßige Kontrollanrufe
Das Ortungssystem ihres Handys muss eingeschaltet bleiben, damit sich automatisch prüfen lässt, ob die Wohnung oder das Hotelzimmer wirklich nicht verlassen werden. Die Behörde darf auch jederzeit anrufen und verlangen, dass man die Kamera einschaltet, um den aktuellen Aufenthaltsort zu überprüfen. Einem deutschen Bekannten von mir ist dies an mehreren Tagen hintereinander passiert.
Allerdings berichtete das Ministerium schon kurz nach der Einführung dieser Vorschriften von täglich über 100 Eingereisten, die sich keineswegs zwei Wochen lang selbst isolierten. Darauf drohte das Außenministerium den Ausländern, die dabei erwischt würden, mit dem Entzug der Aufenthaltsgenehmigung. Noch „härter“ sollte die Strafe für japanische Delinquenten ausfallen: Ihre vollen Namen würden ins Internet gestellt! In dieser Woche war es so weit: Die Behörde veröffentlichte die Namen von drei Japanern, die nach der Rückkehr aus Südkorea und Hawaii komplett abgetaucht waren.
An dieser Stelle verweisen viele Japanologen gerne auf die hiesige „Schamkultur“: Der einzelne Japaner halte sich an soziale Regeln, damit seine Gruppe ihn nicht öffentlich beschämt. In der westlichen „Schuldkultur“ wiederum laufe die Vermeidung von Verstößen über das Gewissen des Einzelnen. Als Westler in Japan halte ich diesen Unterschied für ziemlich konstruiert. Vielleicht funktioniert das Beschämen in der Dorfgemeinschaft, aber sicher nicht über eine Webseite des Gesundheitsministeriums. Die abschreckende Wirkung dieses Online-Prangers auf Japaner dürfte sich also in Grenzen halten.
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