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Frauen-JVA mit Traumatherapie

Ein Pilotprojekt will Straffälligen helfen, die selbst Opfer waren

Die Justizvollzugsanstalt für Frauen in Vechta bietet ihren Strafgefangenen die Möglichkeit zu einer Traumatherapie. „Ein solches Angebot ist in Deutschland einmalig“, sagte am Donnerstag Anstaltsleiter Oliver Weßels. Es richte sich an Frauen, bei denen es einen Zusammenhang zwischen ihrer Straffälligkeit und zuvor erlittenen Gewalterfahrungen gebe, erklärte der Direktor der Fachkliniken St. Marien und St. Vitus in Neuenkirchen-Vörden und Visbek, Thomas Heinz.

Die Fachkliniken sind Kooperationspartner des Frauengefängnisses. Das kürzlich gestartete Pilotprojekt läuft zunächst bis Ende des Jahres. Insgesamt gibt es derzeit fünf Therapieplätze. Die Justizvollzugsanstalt für Frauen hat an allen Standorten zusammen 300 Haftplätze.

„Aus Sicht des Frauenvollzugs ist das neue Angebot ein Quantensprung“, sagte Weßels. Bislang habe es kein adäquates Angebot für Frauen im Strafvollzug gegeben, die eine traumatherapeutische Behandlung brauchen.

Das Angebot richte sich nicht an alle Frauen, erläuterte Klinikchef Heinz. Denn nicht jede straffällig gewordene Frau sei auch traumatisiert. Es gebe aber solche, bei denen stehe bei ihren Straftaten eindeutig eine Gewalterfahrung, auch häufig Erfahrungen mit sexualisierter Gewalt, im Hintergrund. Diese seien oft die Ursache für abweichendes Verhalten, das zu Straftaten oder zu Drogenkonsum führe.

Heinz berichtete von einer Patientin, die wegen mehrfacher Brandstiftung in Haft sei. Bei der therapeutischen Arbeit mit ihr habe sich gezeigt, dass sie bereits mehrfach Missbrauch und Vergewaltigungen erlebt habe. „Immer, wenn die Wut kommt, greift sie zur Brandstiftung.“ Oft hätten die betroffenen Frauen schon früh sexualisierte Gewalt erfahren oder seien auch von ihren Eltern vernachlässigt worden oder hätten Traumata in der Interaktion zwischen Mann und Frau erfahren. Andere seien über Jugendbanden in die Kriminalität gerutscht.

Die Patientinnen müssten in der Therapie hart an sich arbeiten. Diese biete die Chance, die tiefer liegenden Ursachen für die Straftaten zu finden und zu behandeln. (dpa)

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