Arbeitskampf bei Gorillas: Nur Betriebsrat ist „zu bürgerlich“

Hubertus Heil besucht die Beschäftigten des Liefer-Start-ups. Der Arbeitsminister versprach, die Einhaltung geltenden Rechts zu überprüfen.

Zwei Fäuste gegen das Kapital: Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) begrüßt Gorillas-Arbeiter Foto: dpa

BERLIN taz | Vielleicht können wir jetzt ein wenig über eure Arbeitsbedingungen reden“, eröffnet Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) in etwas holprigem Englisch. Zuvor hatte der hohe Besuch sich einige Minuten verspätet; offenbar hat das Gespräch mit dem Gorillas-Management, mit dem der Minister sich zuvor ausgetauscht hatte, noch einige Minuten länger gedauert.

Jetzt aber sind die Ar­bei­te­r:in­nen des Liefer-Start-ups an der Reihe. Seit Wochen sorgen sie mit wilden Streiks und Blockaden von Lagerhäusern für Schlagzeilen, woraufhin die Kreuzberger Bundestagsabgeordnete und Heils Parteikollegin Cansel Kiziltepe den Arbeitsminister einlud, sich persönlich ein Bild zu machen. Ganz lebensnah findet das Treffen unweit eines Gorillas-Lagers am Lausitzer Platz in Kreuzberg statt. Kurz nach dem Eintreffen des Bundesministers bildet sich eine dichte Traube von Pres­se­ver­tre­te­r:in­nen und ebenfalls anwesenden Arbeitsrechtsaktivist:innen. Einige Gorillas-Arbeiter:innen müssen sich erst in die Traube hineindrängen.

„You are the united colours of Berlin“, kommentiert Heil die sehr unterschiedlichen Antworten auf die Frage nach den Herkunftsländern der Gorillas-Beschäftigten. Doch nach dieser anfänglichen, sozialdemokratisch-väterlichen Peinlichkeit entwickelt sich doch ein ernsthaftes Gespräch auf Augenhöhe.

Repräsentation ist nichts alles

Die Ar­bei­te­r:in­nen tragen ihre Kritikpunkte vor: unregelmäßige Lohnzahlungen, ungenügendes Equipment, Ausnutzung der Probezeit. Dazu Brandschutz, seitdem in einem Friedrichshainer Lager eine Batterie explodiert ist und einen Brand verursacht hat. „Sie nehmen immer den billigsten Weg“, fasst es einer der Fahrer zusammen.

Heil hört trotz der spielenden Kinder auf dem angrenzenden Bolzplatz aufmerksam zu und verspricht, die Einhaltung der bestehenden Arbeitsschutzmaßnahmen in Absprache mit der Berliner Senatorin Elke Breitenbach (Linke) zu überprüfen.

Reibungspunkte gibt es, als die Ar­bei­te­r:in­nen Heil dazu auffordern, eine bessere Rechtsgrundlage für wilde Streiks zu schaffen. Da viele der Fah­re­r:in­nen nur für wenige Monate mit Work-&-Travel-Visa bei dem Unternehmen arbeiten, sei eine gewerkschaftliche Organisation schwierig.

Heil empfiehlt den Arbeiter:innen, ihre Interessen vertreten zu lassen. Als einer der Fahrer daraufhin antwortet, dass ein Betriebsrat nicht alle Probleme löse und selten repräsentativ für die Ar­bei­te­r:in­nen­schaft ist, antwortet der Minister: „Das ist halt Demokratie“, woraufhin der Gorillas-Rider erwidert: „Das ist bürgerliche Demokratie“.

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