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Pflegekräfte verdienen wenig und müssen zeitlich flexibel sein

Mitte Juni hat der Bundestag endlich die Pflegereform beschlossen. Allerdings ist es nur eine abgespeckte Version, denn eigentlich sollte die Reform tiefer greifen, doch die Regierungskoalition wird das in dieser Legislaturperiode nicht mehr umsetzen. Dadurch bleiben strukturelle Probleme im Pflegesektor weiter bestehen – aber auch die vorgenommenen Änderungen stehen in der Kritik. Denn einen allgemeinverbindlichen Tarifvertrag, der angestrebt wurde, wird es nicht geben – stattdessen wird das regionale Tarifniveau zur Referenz gemacht. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) spricht darum auch von „Etikettenschwindel“ und befürchtet, dass es zu massiven Unterbietungen bei den Löhnen komme könnte. Das wäre das Gegenteil dessen, was erreicht werden sollte.

Dabei verdienen Arbeitnehmende aus der Berufsgruppe Gesundheit, Pflege und soziale Dienste laut StepStone-Gehaltsreport 2021, der auf rund 250.000 Gehaltsdaten basiert, im bundesweiten Vergleich schon jetzt unterdurchschnittlich. So sind zum Beispiel fast zwei Drittel der Al­ten­pfle­ge­r*in­nen mit ihrem jährlichen Durchschnittsbruttogehalt von etwa 38.000 Euro unzufrieden (Bundesdurchschnittsgehalt: knapp 57.000 Euro). Die Höhe des Gehalts ist aber nicht allein ausschlaggebend dafür, wie eine Beschäftigung bewertet wird. Die Sinnhaftigkeit der Tätigkeit spielt ebenso eine Rolle wie die Möglichkeiten, diese zeitlich selber zu bestimmen. Doch eine neue Untersuchung bestätigt, dass Pflegekräfte wenig Einfluss auf die Ausgestaltung ihrer Arbeitszeit haben: Laut einer im Juni von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BauA) veröffentlichten Analyse von Daten der Arbeitszeitbefragung 2019 sind Beschäftigte in der Pflege deutlich häufiger nachts und an Wochenenden tätig und befinden sich häufiger in Rufbereitschaft als andere Beschäftige. Zudem können beispielsweise mehr als die Hälfte aller Krankenpflegekräfte und fast zwei Drittel der Altenpflegekräfte kaum Einfluss auf den Zeitpunkt ihrer Pausen nehmen. (os)