: Wo bleibt die offensive Auseinandersetzung?
Mit dem „Luf-Boot“ geht das Humboldt-Forum immer noch falsch um
von Susanne Messmer Berlin
Man könnte meinen, die Staatlichen Museen im Humboldt-Forum seien in den bahnbrechenden Lernprozess eingetreten, endlich. Drei Wochen sind es noch bis zur Eröffnung der ersten Ausstellungen im 680 Millionen teuren Zentrum für Kultur, Kunst und Wissenschaft hinter den cremegelben Barockfassaden des Berliner Hohenzollernschlosses. In drei Monaten dann wird die Öffentlichkeit die mit 14.000 Quadratmetern größte Präsentation des Ethnologischen Museums besichtigen können.
Diese Woche erlaubte die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) einigen Journalist*innen unter der Führung von Präsident Hermann Parzinger und Direktor Lars-Christian Koch einen Einblick in diese Schau. Gerade in letzter Zeit ist diese wieder hoch umstritten – Stichwort Provenienzforschung, Rückgabeforderungen, deutsche Kolonialzeit und Benin-Bronzen. Darum war es erwartbar, dass bei den Museumsmacher*innen vor allem von Offenheit die Rede war. „Es wird sich vieles verändern im Laufe der nächsten Jahre“, so Parzinger. „Wir lernen konstant dazu“, so Koch.
In einem Raum für die Debatte um die Kunst Afrikas, wo kaum Originale zu sehen sein werden, füllt Provenienzforscherin Julia Binter diese Einsicht mit Inhalten. Sie berichtet von einer Reise nach Namibia – und wie die Forscher:innen vor Ort über den Völkermord der Deutschen an den Herero denken. Viele Kurator*innen verstehen sich schon jetzt eher als Moderator*innen.
Doch ist die Diskussion trotzdem längst nicht, wo sie sein müsste. Das wird besonders deutlich, als die kleine Führung am eindrucksvollen, 15 Meter langen „Luf-Boot“ aus dem heutigen Papua-Neuguinea ankommt, einem der Herzstücke des neuen Vorzeigemuseums. Anfang Mai hat der Berliner Journalist und Historiker Götz Aly mit seinem Buch „Das Prachtboot“ eine ganz neue Phase der Debatte eröffnet.
Bis dahin hatte die SPK behauptet, das Boot sei rechtmäßig erworben worden. Doch Aly erzählt noch einmal anschaulich, was eigentlich bekannt ist: Wie die deutschen Kolonialherren im „Schutzgebiet“ Deutsch-Neuguinea töteten, vergewaltigten und die Bewohner zur Zwangsarbeit auf ihren Plantagen verschleppten. Aus dieser gut erforschten Geschichte einen „rechtmäßigen Erwerb“ zu machen ist ein starkes Stück – und das wissen die Museumsleute eigentlich. Umso hilfloser wirkt es, wenn Dorothea Deterts, Kuratorin der Sammlung Ozeanien im Ethnologischen Museum, davon spricht, an diesem Ort gehe es um „Mensch und Meer in Ozeanien“ – und damit Schluss. Über die blutigen Hintergründe des Erwerbs werde man dann in einer Broschüre berichten – sowie an anderer Stelle im Haus.
Auf die Frage, warum direkt am umstrittenen Objekt keine offensive Auseinandersetzung stattfindet, weiß man keine Antwort. Die Staatlichen Museen sind nicht nur unbeweglich, sondern sie verteidigen nach wie vor knallhart die Pfründen, die ihnen noch bleiben.
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