Ökonomie anders denken

Kieler Vorlesungsreihe über Wirtschafts-wissenschaften abseits des Mainstreams

Von Alexander Diehl

„Kapitalistischer Realismus“, so nannte Mitte der 1960er eine Handvoll deutscher (späterer) Großkünstler ihr Schaffen – auch in Anlehnung an den „Sozialistischen Realismus“. Dahingestellt, welchen Wert damals eine betont ironische „Entlarvung“ des westdeutschen Wirtschaftens hatte (und ob eine Sphäre wie die Kunst sich für so etwas wirklich eignet): Bitterer definierte der britische Kulturkritiker Mark Fisher 2009 (2013 dann auch auf Deutsch) den kapitalistischen Realismus: als „das weitverbreitete Gefühl, dass der Kapitalismus nicht nur das einzig gültige politische und ökonomische System darstellt, sondern dass es mittlerweile fast unmöglich geworden ist, sich eine kohärente Alternative dazu überhaupt vorzustellen“.

Fragen auch nach dem Ziel von Wirtschaft

Vielleicht hilft beim Denken eines anderen Wirtschaftens eine andere Wirtschaftswissenschaft? In den vergangenen Jahrzehnten hätten sich neue Denkschulen entwickelt, die Ökonomie nicht auf Nutzen- und Gewinnmaximierung reduzierten, sagt Sarah Johannes, Vorsitzende der Hochschulgruppe Rethinking Economics Kiel. Sie bezögen „ethische Überlegungen und andere Perspektiven auf die Bedeutung von ‚Wirtschaft‘ mit ein; sie fragen, was das eigentliche Ziel von Wirtschaften sein sollte oder betrachten die komplexen Wechselwirkungen zwischen Menschen und der Umwelt.“

Zum Beispiel Ulrike Knobloch: Die Inhaberin der Professur „Ökonomie und Gender“ an der Universität Vechta hat zunächst Volkswirtschaftslehre studiert, dann „einige Semester Philosophie, um sich fundierter mit den normativen Voraussetzungen der Mainstream-Ökonomie auseinandersetzen zu können“. Mit so einem Profil passt Knobloch bestens in die heute beginnende Online-Ringvorlesung „Economic Thinking Out of the Box“ der Kieler Christian-Albrechts-Universität (CAU).

Jeweils am Dienstagabend geht es da um „Wirtschaftswissenschaften abseits des ökonomischen Mainstreams“, und initiiert hat das, eben, die Gruppe Rethinking Economics, ein lokaler Zweig des deutschlandweiten Netzwerks Plurale Ökonomik.

Hier also spricht Knobloch am 18. Mai über die „Plurale Feministische Ökonomie des Sorgens und Versorgens“. Zur Eröffnung gibt Lisa Buddmeier, Kiel, heute eine Einführung in die Gemeinwohl-Ökonomie.

Ringvorlesung „Economic Thinking Out of the Box“: 20. April bis 29. Juni, jeweils dienstags 18 Uhr, http://bit.ly/rv-economic-thinking