Sabine am Orde über den Parteitag der AfD
: Temporärer Burgfrieden

Es ist ein klassischer Burgfrieden. Die AfD schafft es, ihren Bundesparteitag ohne einen neuen Eklat im Kampf um die Macht über die Bühne zu bringen. Zumindest war dies bis zum Redaktionsschluss der Fall. Die Entscheidung über die Spit­zen­kan­di­da­t:in­nen wurde vertagt, und der Antrag zur Abwahl von Parteichef Jörg Meuthen hat es gar nicht erst auf die Tagesordnung geschafft, obwohl viele ihn lieber heute als morgen los wären.

Doch alle Seiten waren bemüht, die tiefe Spaltung der Partei, die sich von der Spitze bis zur Basis zieht, zumindest ein wenig zu übertünchen. Interner Streit, das weiß man auch in der AfD, goutieren die Wäh­le­r:in­nen nicht.

Aufgeschoben ist indes nicht aufgehoben. Schon beim Kampf um die Spitzenkandidat:innen, die bis Ende Mai feststehen sollen, könnte der Streit wieder hochkochen. Spätestens aber nach der Bundestagswahl, wenn die Partei Ende des Jahres über den neuen Vorstand entscheidet, wird der Burgfrieden zwischen denen, die sich in der AfD für gemäßigt halten, und den An­hän­ge­r:in­nen des Flügels, ein Ende haben.

Klar ist ohnehin: Die AfD ist auch auf diesem Parteitag wieder etwas radikaler geworden. Häufig auf Treiben der völkischen Nationalisten um den Thüringer Björn Höcke hat sie ihr Wahlprogramm nachgeschärft. Der „Dexit“ ist dort nun zu finden, also die Forderung nach dem Austritt Deutschlands aus der EU. Der Familiennachzug für Geflüchtete soll abgeschafft werden.

Auch die verabschiedete Coronaresolution spricht eine radikale Sprache. Eingebracht hat sie Karsten Hilse, der Mann mit dem Querdenker-T-Shirt im Bundestag und dem Nahkampf mit der Polizei auf der Demo in Berlin; Rechtsextremist Höcke hat sich für sie starkgemacht. Veröffentlichte Infektionszahlen sollen demnach nicht mehr ausschließlich auf Labordiagnostik beruhen, Tests nirgendwo verpflichtend sein und der Lockdown soll sofort beendet werden.

Die AfD hat damit neue Alleinstellungsmerkmale in der deutschen Politik. Neue An­hän­ge­r:in­nen in der Mitte aber dürfte sie damit kaum gewinnen.

inland