liebeserklärung
: Das Polizistenherzchen

In Kassel versammelten sich wieder Menschen ohne Masken und Abstände, und es kam zu Ausschreitungen. Aber mitten im Getümmel hatte eine Polizistin ein Herz für Querdenker

Die sonst so autoritäre Polizei kann auch Herz zeigen. Das Symbol der Liebe, geformt aus ihren Händen, hielt eine Polizistin vergangenen Samstag einer Querdenken-Demonstrantin in Kassel entgegen. Die Zuneigung hatte sich die Frau nicht verdient – schließlich befand sie sich auf einer verbotenen Demo, trug keine Mund-Nasen-Maske und schwurbelte auf ihrem Plakat etwas von „Zwangsimpfungen“ und „Kindern“ –, aber das machte die Szene nur noch herzerwärmender.

Überhaupt zeigt die Polizei im Umgang mit den Ver­schwö­rungs­ideo­lo­g*in­nen ein unbekanntes, lächelndes Gesicht. Eines, an dass man sich als notorisch linker Gesetzesbrecher auch gewöhnen könnte. Wer würde sich nicht gern von den Freun­d*in­nen und Hel­fe­r*in­nen unterstützen lassen? Ihr wollt die Regierung stürzen, den Staat abschaffen, notfalls mit Gewalt? Wir geben euch Geleitschutz.“ Auch manche Traditionslinke können sich das ausmalen: Volk und bewaffnete Staatsorgane gemeinsam gegen die Tyrannei.

Die herzende hessische Po­li­zis­t*in stand dabei symbolisch für einen Einsatz, der einzelne De­mons­tran­t*in­nen gar zu Kniefällen der Dankbarkeit veranlasste. Die erlaubten stationären Kundgebungen wurden trotz fehlender Abstände und Hygieneregeln nicht behelligt, und als sich das Volk unerlaubterweise in Bewegung setzte, versuchte die Polizei erst gar nicht es zu stoppen. Sie half sogar überaus schlagkräftig dabei, Gegendemonstrant*innen, die sich der wandelnden Pandemie in den Weg stellten, auf ihre Zuschauerplätze zu verweisen. Danke, Polizei.

Überraschend kam dieser Einsatz der Liebe keineswegs. Ähnliches war bereits eine Woche zuvor bei einer Verschwörerversammlung in Dresden zu beobachten, aber auch schon in Leipzig oder Berlin. Die Polizei hat ein Herz für die bürgerlich wahrgenommen Querdenker mit ihren Kindern. Für die gehätschelten Narren muss sich das anfühlen wie ein bisschen Freiheit in der sich verfinsternden Diktatur. Doch so mancher neigt prompt zur Übermut: Die Gewalt von Querdenkern – vom Schlagen und Schubsen bis zum Bespucken – gegen die letzten renitente Staatsdiener nimmt zu. Wo aber die Liebe derart zurückgewiesen wird, sollte man die Zuneigung besser hinterfragen. Wenn nicht aus Einsicht, dann wenigstens aus Selbstschutz. Erik Peter