Ausfall bei Antidiskriminierungsstelle: Kein Anschluss unter dieser Nummer

Mitten in der Pandemie hat die Antidiskriminierungsstelle ihre telefonische Beratung eingestellt. Zugleich steigt die Zahl der Hilfesuchenden.

Roter Telefonhörer und leere Sprechblase

Bei der Antidiskriminierungsstelle geht niemand mehr ans Telefon Foto: Alexander Limbach/imago

BERLIN taz | Immer mehr Menschen suchen Hilfe, weil sie diskriminiert werden – doch mitten in der Pandemie fällt eine wichtige Anlaufstelle für Betroffene teilweise weg. Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes bietet derzeit keine telefonische Beratung bei Diskriminierungserfahrungen mehr an. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine schriftliche Frage der Abgeordneten Katja Suding (FDP) hervor, die der taz vorliegt. Betroffene können sich zwar weiterhin schriftlich an die Stelle wenden, müssen jedoch mit verlängerten Bearbeitungszeiten für ihr Anliegen rechnen.

Grund sei, dass es deutlich mehr Beratungsanfragen gebe als zuvor, so die Bundesregierung. Demnach hat sich die Anzahl der Anfragen von Januar bis Anfang Dezember 2020 im Vergleich zum Vorjahr nahezu verdoppelt.

Das dürfte vor allem mit der Corona-Krise zusammenhängen: Bis Ende November 2020 habe die Antidiskriminierungsstelle etwa 1.500 Beratungsanfragen zu Benachteiligungen im Kontext der Pandemie erhalten, berichtet die Einrichtung auf ihrer Website. Zahlen für das Gesamtjahr 2020 und Informationen zu den Diskriminierungsgründen sollen im Jahresbericht der Stelle Mitte Mai vorgestellt werden.

Die Fälle reichten von „von unverhohlenem rassistischem Verhalten bis hin zu körperlichen Übergriffen“. Zu Beginn der Pandemie sei es häufig zu antiasiatischem Rassismus gekommen, derzeit meldeten sich besonders oft Personen, die aufgrund einer Behinderung keine Schutzmaske tragen können.

Leitungen bleiben vorerst stillgelegt

Angesichts des sehr hohen Beratungsaufkommens habe man im Herbst 2020 entscheiden müssen, die telefonische Beratung einzustellen, um zumindest auf schriftlichem Wege weiterhin eine seriöse Beratung gewährleisten zu können, bestätigt Sebastian Bickerich, Sprecher der Antidiskriminierungsstelle. Dabei sei man bemüht, die Anliegen weiterhin innerhalb von zehn bis 15 Arbeitstagen zu bearbeiten. In einigen Fällen könne es derzeit aber auch länger dauern.

Für Katja Suding, stellvertretende Bundesvorsitzende der FDP, ist diese Situation inakzeptabel: „Dass mitten in der Krise eine Beratungsstelle des Bundes wegen Überlastung telefonisch nicht mehr erreichbar ist, macht mich fassungslos.“

Bereits im April vergangenen Jahres habe sich gezeigt, dass der Beratungsbedarf steigt, dennoch fehle es bis heute an Personal. „Hilfesuchende müssen in ihrer Not wieder jemanden in der Antidiskriminierungsstelle des Bundes erreichen, die Zahl der Beraterinnen und Berater muss daher sofort erhöht werden“, fordert Suding.

Tatsächlich wurden laut der Antidiskriminierungsstelle die Ressourcen im Haushaltsjahr 2021 um drei Stellen und 600.000 Euro aufgestockt. Darüber hinaus sei man derzeit gemeinsam mit der Bundesregierung und dem Familienministerium dabei, die Voraussetzungen für eine neue Servicestelle zur Antidiskriminierungsberatung zu schaffen. Diese solle dann unter anderem die telefonische Erstberatung übernehmen. Ziel sei es, auch bei gestiegener Beratungslage eine gleichbleibende Beratungsqualität bieten zu können.

Bis die Antidiskriminierungsstelle ihre Telefonleitungen wieder öffnet, könnte es allerdings noch einige Monate dauern, möglicherweise startet die Hotline erst im Juni wieder.

Die telefonische Beratung schon vor Einrichtung der Servicestelle wieder anlaufen zu lassen, sei nicht sinnvoll, sagt Bickerich, die Be­ra­te­r*in­nen seien derzeit völlig überlastet. Für Betroffene von Diskriminierung, die bei der Antidiskriminierungsstelle unbürokratisch und schnell Hilfe suchen, heißt es also weiterhin vor allem: warten.

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