Aktuelle Nachrichten in der Coronakrise: Merkel will stufenweise lockern

Die Kanzlerin plädiert dafür, den Lockdown nur vorsichtig aufzuheben. In den meisten Bundesländern können Kinder ab Montag wieder Kitas und Grundschulen besuchen.

Angela Merkel steht in einem senfgelben Blazer an einem Redepult und gestikuliert.

Die Sehnsucht der Bür­ge­r:in­nen nach einer Öffnungsstrategie sei groß, sagte Merkel am Montag Foto: dpa

Merkel: Lockerung in Etappen

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) fasst eine Lockerung des Coronalockdowns in mehreren Etappen ins Auge. Es sollten Lockerungspakete für drei Bereiche geschnürt werden, sagte Merkel am Montag nach AFP-Informationen in einer Gremiensitzung der CDU. Sie nannte demnach erstens den Bereich der persönlichen Kontakte, zweitens den Bereich von Schulen und Berufsschulen sowie drittens den Bereich von Sport, Restaurants und Kultur.

Es gehe nun darum, Pakete zu schnüren, um Öffnung möglich zu machen und dann anzupassen, wurde Merkel von Teil­neh­me­r:in­nen zitiert. Die Sehnsucht der Bür­ge­r:in­nen nach einer Öffnungsstrategie sei groß, das verstehe sie. Die Kanzlerin sagte demnach weiter: „Öffnungsschritte mit vermehrten Tests müssen klug eingeführt werden.“

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Ab Dienstag tagt nach AFP-Informationen eine Arbeitsgruppe mit Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) zum Thema Öffnungen in Vorbereitung auf die nächste Bund-Länder-Spitzenrunde zu Corona in der kommenden Woche. Braun verwies demnach in der CDU-Gremiensitzung aber auch auf Sorgen wegen der Ausbreitung der hoch ansteckenden Virusmutation: „Die Mutation zerstört unsere gute Entwicklung leider gerade.“

Eine hellblaue OP-Maske liegt auf einem Tisch, im Hintergund sind Schüler:innen an Tischen zu sehen

Die Schule geht wieder los: Ist das trotz steigender Inzidenzzahlen eine gute Idee? Foto: dpa

Im CDU-Präsidium sei zudem über die Möglichkeit gesprochen worden, wie Haus­ärz­t:in­nen und Be­triebs­ärz­t:in­nen eingebunden werden könnten, hieß es weiter. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) habe gesagt, dies sei nur sinnvoll, wenn man wie bei der Grippeimpfung drei bis fünf Millionen Impfdosen pro Woche zur Verfügung habe. Selbsttests könnten ab kommender Woche die ersten Zulassungen haben. (afp)

Schulen in weiteren Bundesländern öffnen wieder

In zehn weiteren Bundesländern öffnen am Montag Kindertagesstätten und Grundschulen wieder. Bundesbildungsministerin Anja Karliczek unterstützt das: „Es ist gut, dass viele Schulen in Deutschland jetzt schrittweise wieder mit dem Präsenzunterricht beginnen“, sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. Präsenzunterricht sei durch nichts zu ersetzen. „Kinder, besonders jüngere, brauchen einander.“

Angesichts der Infektionslage rief die CDU-Politikerin aber dazu auf, „alle zur Verfügung stehenden Mittel zur Prävention einer Virenübertragung zu ergreifen“, um den Schulbetrieb auch in den nächsten Wochen aufrecht erhalten zu können. Die jüngste Entwicklung der Infektionszahlen verdiene höchste Aufmerksamkeit, sagte Karliczek und verwies auch auf die Ausbreitung neuer Virusvarianten. „Das muss auch beim Schulbetrieb bedacht werden. Ich bin mir aber sicher, dass die Länder dies bei ihren Öffnungsentscheidungen berücksichtigen.“

Karliczek hat sich auch für eine höhere Priorisierung bei der Impfung von Grundschullehrkräften und Kita-Erzieher:innen ausgesprochen. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will darüber am Nachmittag mit seinen Län­der­kol­le­g:in­nen beraten.

Und noch etwas steht in Sachen Coronabekämpfung auf der Agenda dieses Tages: Das sogenannte Coronakabinett der Bundesregierung berät über Schnelltests für alle. Überlagert werden die anstehenden Entscheidungen dabei vom Anstieg wichtiger Coronakennziffern – und von wachsender Kritik am Neuinfektionswert als Richtschnur politischen Handelns. (dpa)

Rund 4.400 Neuinfektionen gemeldet

Die Gesundheitsämter in Deutschland haben dem Robert Koch-Institut (RKI) binnen eines Tages 4.369 Coronaneuinfektionen gemeldet. Zudem wurden innerhalb von 24 Stunden 62 weitere Todesfälle verzeichnet. Das geht aus Zahlen des RKI vom Montag hervor. Vor genau einer Woche hatte das RKI binnen eines Tages 4.426 Neuinfektionen und 116 neue Todesfälle verzeichnet. Am Montag sind die vom RKI gemeldeten Fallzahlen meist niedriger, unter anderem weil am Wochenende weniger getestet wird.

Die Zahl der binnen sieben Tagen gemeldeten Neuinfektionen pro 100.000 Ein­woh­ne­r:in­nen (Sieben-Tage-Inzidenz) lag laut RKI am Montagmorgen bundesweit bei 61,0 – und damit höher als am Vortag (60,2). Vor vier Wochen, am 25. Januar, hatte die Inzidenz noch bei 111,2 gelegen. Ihr bisheriger Höchststand war am 22. Dezember mit 197,6 erreicht worden.

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Das RKI zählte seit Beginn der Pandemie 2.390.928 nachgewiesene Infektionen mit Sars-CoV-2 in Deutschland (Stand: 22.02., 03.10 Uhr). Die tatsächliche Gesamtzahl dürfte deutlich höher liegen, da viele Infektionen nicht erkannt werden. Die Gesamtzahl der Menschen, die an oder unter Beteiligung einer nachgewiesenen Infektion mit Sars-CoV-2 gestorben sind, stieg auf 67.903.

Der bundesweite Sieben-Tage-R-Wert lag laut RKI-Lagebericht vom Sonntagnachmittag bei 1,10 (Vortag 1,07). Das bedeutet, dass 100 Infizierte rechnerisch 110 weitere Menschen anstecken. Der Wert bildet jeweils das Infektionsgeschehen vor 8 bis 16 Tagen ab. Liegt er für längere Zeit unter 1, flaut das Infektionsgeschehen ab. (dpa)

Debatte um weitere Öffnungen

Po­li­ti­ke­r:in­nen und Wis­sen­schaft­le­r:in­nen diskutieren, nach welchen Kriterien entschieden werden soll, wann der Lockdown weiter gelockert wird. Die Län­der­che­f:in­nen und Merkel hatten bei ihrer letzten Beratung am 10. Februar vereinbart, dass eine Strategie für weitere Lockerungen erarbeitet werden soll und dass sie am 3. März weiter beraten.

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Dieser geplante Stufenplan soll sich aber nicht nur an den Neuinfektionen orientieren, wie der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Michael Müller (SPD), der „Stuttgarter Zeitung“ und den „Stuttgarter Nachrichten“ (Montag) sagte. „Auch ein R-Wert deutlich unter 1 und eine sinkende Auslastung der Intensivmedizin werden wichtige Kriterien für nächste Lockerungsschritte sein.“

Der Berliner Bürgermeister kündigte für die neue Woche einen Vorschlag an: Wenn Bundesländer „stabil über mehrere Wochen“ unter den Inzidenzen 35 oder 50 blieben, „können weitere Schritte in der Kultur und der Gastronomie folgen“.

Gesundheitsminister Jens Spahn sagte in der ARD: „Es macht Sinn, (…) Stufen zu definieren, ab wann der nächste Schritt gegangen werden kann. Aber die Wahrheit ist: Eine Inzidenz von unter 10, die ist jedenfalls in den allermeisten Regionen in Deutschland gerade ziemlich weit weg.“ Er erwähnte damit eine Ansteckungsrate, wie sie manche Vi­ro­lo­g:in­nen als Zielwert fordern, die einige Mi­nis­ter­prä­si­den­t:in­nen aber für zu ambitioniert erachten.

Der Vorsitzende des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, warnte dringend vor weiteren Lockerungen. „Wer in Zeiten steigender R-Werte über Lockerungen spricht, handelt absolut unverantwortlich“, sagte der Mediziner den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Der Inzidenzwert zeigt, wo wir aktuell stehen. Der R-Wert zeigt, wohin wir gerade gehen. Bei einem Wert klar über 1,0 droht wieder exponentielles Wachstum – und genau das ist jetzt der Fall.“

Der Chef des Sachverständigenrats im Gesundheitswesen, Ferdinand Gerlach, kritisierte die Orientierung an den Inzidenzen, weil sie auch von der Testfrequenz abhingen. Es sei besser, „repräsentative Kohorten“ zu beobachten und zu testen, sagte er dem Nachrichtenportal „ThePioneer“ (Montag). „Wenn wir wissen, wie groß das Infektionsrisiko am Arbeitsplatz, in der Schule, beim Einkaufen, im Kino, im Museum oder im öffentlichen Verkehr ist, können wir gezielter reagieren und müssen nicht eine ganze Volkswirtschaft herunterfahren“, erklärte der Spahn-Berater. (dpa)

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