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Ins Aus geschlittert

In der Hafencity gammelt ein mobiler Skatepark vor sich hin. Enthusiasten hätten gerne eine Dauerlösung. Doch die Hafencity GmbH befürchtet, das brächte Probleme mit der Nachbarschaft

Durch häufige Nutzung ziemlich ramponiert: die Skater-Rampen im Lohsepark Foto: Miguel Ferraz

Von Hagen Gersie

Der Skatepark ist günstig gelegen –aber leider etwas herunter gekommen: Im Lohsepark, nicht weit von der U-Bahn-Station Hafencity-Universität, stehen acht lieblos platzierte, mobile Hindernisse für die immer zahlreicher werdenden Rollsportler:innen, also Skateboarder:innen, Bi­ke­r:in­nen oder Rollerfahrer:innen.

Von den acht sind nur die drei Rampen aus Metall gerade nutzbar. Die anderen fünf sind aus Holz und in desolatem Zustand. Die „Big Mama“, eine kleine scharfe Rampe nur für Biker:innen, ist komplett dahin. Die anderen Hindernisse, Obstacles genannt, haben abgenutzte und gesplitterte Oberflächen, sodass sie nicht wirklich genutzt werden können.

Der in Eimsbüttel wohnende Skater Kim-Frederick Hagemeister hat jetzt eine Petition gestartet, um einen wirklichen Skatepark aus Beton an der Stelle zu fordern. Die städtische Projektentwicklungsgesellschaft für die Hafencity hat als Hausherrin zwar den mobilen Park ermöglicht, bei einer Dauerlösung befürchtet sie jedoch Konflikte mit anderen Nutzer:innen des Quartiers.

Der Rollsport boomt

Hagemeister bemängelt neben dem Zustand der Rampen und Hindernisse auch den Untergrund: Der ist, weil Straße, geteert. „Das macht das Befahren für Skateboarder und Rollerfahrer im Allgemeinen schwierig“, sagt er. Problematisch ist das deshalb, weil es in der Hafencity keine anderen Skatemöglichkeiten gibt. Obwohl der Zustand zu wünschen übrig lasse, sei der Park am Lohsepark gut besucht, sagt Hagemeister.

„Zu viele Sportler, zu wenig Plätze“, fasst Christopher Graham, Vorsitzender des Vereins Skateboard Hamburg, die Situation zusammen. Insgesamt seien die Skateparks in der gesamten Stadt völlig überlastet. In Hamburg „explodiere“ der Rollsport gerade.

Roll­sport­le­r:in­nen eignen sich deshalb häufig den öffentlichen Raum auf kreative Weise an, wie auch in der Hafencity, als sie die Marco-Polo-Terrassen für sich entdeckten. Das missfiel den An­woh­ne­r:in­nen. Infolgedessen wurden sogenannte Skatestopper angebracht.

Seit 2012 besteht eine Partnerschaft zwischen dem Skateboard-Verein und der Hafencity GmbH, die die mobilen Obstacles auf ihren Flächen erlaubt. Zuerst befanden sich diese am Grasbrookpark, bis dort gebaut wurde und sie umziehen mussten zum jetzigen Standort. Der ist ebenfalls nur für den Übergang gedacht. Anfang 2024 wird auch hier wieder gebaut. Dann müssen die beiden Part­ne­r:in­nen einen neuen Ort für die Obstacles finden.

Graham sagt: „Der Park ist ja mehr eine Skatemöglichkeit und ist okay, so wie er von Anfang an okay war.“ Natürlich sähen die Rampen „scheiße“ aus, ihr Grundgerüst sei aber nach wie vor stabil. Es müssten einfach nur die Belagsplatten ausgetauscht werden.

Ein permanenter Skatepark aus Beton „wäre schon schön in der Hafencity“, findet Graham, aber der Standort habe ein „skaterfeindliches Klima“. Auch dass viele der möglichen Plätze in Privatbesitz seien, sei ein Problem. „Alle sagen Skateboarding ist toll, aber nicht vor meiner Tür.“

Trotzdem bewertet er die Zusammenarbeit mit der Hafencity als „top“. Hafencity-Sprecherin Susanne Bühler bezeichnet sie als „sehr gut“. Sie begrüßt die Nutzung des öffentlichen Raums durch die Rollsportler:innen – „solange es vor 21 Uhr geschieht“ – und sieht in den Obstacles am Lohsepark eine „tolle Entwicklung“.

Vor dem Wunsch nach einer permanenten Lösung warnt sie hingegen: „Das hat nochmal andere Konsequenzen.“ Diese seien baulicher Art. Die Lautstärke der Roll­sport­le­r:in­nen müsse bedacht werden und ob eine Skateanlage in die Nutzung der Umgebung integriert werden könne, sei ebenso fraglich.

Antje Stokman, Professorin für Architektur und Landschaft an der Hafencity-Universität, betont, dass gerade die vermeintlich „lästigen Nutzenden“ wie Rollsportler:innen die Lebendigkeit des öffentlichen Raumes ausmachten und von vornherein bei der Planung des öffentlichen Raumes bedacht werden müssten.

Diesem Leitbild komme die Hafencity bislang jedoch nicht nach, sagt Stokman. Sportaktivitäten würden auf Vereine und deren Gelände abgewälzt und nicht im öffentlichen Raum verortet. Auch hätten Betroffene wie die Roll­sport­le­r:in­nen keine ausreichende Lobby, um auf die Stadtplanung zu ihren Gunsten einzuwirken.

Obwohl der Zustand und die Perspektive der Obstacles am Lohsepark schlecht seien, sind sie für Graham in Anbetracht der Umstände „besser als nichts“. Aufgrund der fehlenden Aussicht, irgendwann in der Hafencity eine permanente Anlage bauen zu können, liege der Fokus des Vereins aber auf anderen Plätzen und Projekten.

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