: „Spieler sind Menschen“
Schon zum zweiten Mal in Quarantäne mussten die Bundesliga-Basketballer Löwen Braunschweig. Der dadurch eng gedrängte Spielplan setzt dem jungen Team schwer zu
Interview Hagen Gersie
taz: Herr Strobl, was hat Corona mit Ihrem Team gemacht?
Pete Strobl: Ende Dezember hatten sich zwei Spieler mit Corona infiziert und die ganze Mannschaft musste in Quarantäne. Als dann unser Athletiktrainer vorletzte Woche positiv auf Corona getestet wurde, hieß es wieder: zehn Tage in Quarantäne. Weil es ein falsch-positiver Befund war, konnten wir früher wieder raus.
Wie viel Arbeit mit der Mannschaft geht noch während der Quarantäne?
Wir konnten uns irgendwie in Zoom-Meetings austauschen und mit Yoga und Laufen fit halten, was eigentlich super ist. Aber während einer Saison muss eine Basketballmannschaft Basketball spielen können. Wenn wir nicht Fünf-gegen-Fünf trainieren können, weil wir in unseren Wohnungen bleiben müssen, ist das sehr, sehr schwer.
Was ist die Folge?
Wir haben unsere Kondition verloren, aber auch mit dem Gegner zu kämpfen, während einer Reboundsituation zum Beispiel, fällt uns deutlich schwerer. Das hat uns alles schon weh getan. Von den beiden Corona-infizierten Spielern hatte einer keinerlei Symptome, war und ist beschwerdefrei. Der andere war aber krank und ist immer noch nicht ganz wieder da von seiner Erkrankung, er hat sieben bis acht Kilogramm Gewicht verloren.
Spielt der Sport dann überhaupt noch eine Rolle?
Corona ist ein interessantes Virus. Wir lernen jeden Tag mehr darüber. Was wir gestern wussten, ist nicht das, was wir heute darüber wissen. Manche Menschen haben Corona und keine Auswirkungen – und manche trifft es sehr schwer. Es ist gefährlich, in Angst zu leben, aber zu denken, dass die Gefahr nicht real ist, ist ebenso dumm. Leute in unserer Mannschaft hatten es, Familienmitglieder hatten es. Trotzdem sind wir als Basketballer froh und glücklich, dass wir spielen können. Wir schätzen das sehr und freuen uns, so den Menschen, die uns zuschauen, Freude und Unterhaltung zu geben. Es ist aber auch komisch: Die Fans und das normale Basketballgefühl mit all den Emotionen vermissen wir schon sehr.
Aufgrund der Quarantänen haben Sie die wenigsten Spiele aller Bundesligisten bestritten. Jetzt spielen Sie vier Spiele in sieben Tagen. Wie gehen Sie damit um?
Normalerweise ist das der Spielplan eines Euroleague-Teams. Wir sind aber nicht wie ein Euroleague-Team gebaut. Wir haben keinen so tiefen Kader, und Anfang letzter Woche hat uns unser Spieler mit der meisten Spielzeit verlassen, Bryon Allen. Wir werden die Spielzeit der Spieler entsprechend managen, um Verletzungen zu vermeiden und dann von Spiel zu Spiel schauen.
Pete Strobl
43, war College- und Profi-Basketballspieler. Nach Stationen u. a. in Ulm ist er seit 2019 Cheftrainer in Braunschweig.
Zwischen den Quarantäne-Zeiten haben Sie fünf Spiele in Folge verloren.
Unser junges Team braucht Zeit, wir haben nicht so viel Erfahrung. Jedes Spiel, jedes Training ist sehr wertvoll für uns, weil es die Chance bietet, einen Schritt nach vorne zu machen. Zweimal in dieser Saison haben wir jetzt aber sehr viel Zeit verloren, in der wir keine Spiele machen konnten und nicht trainieren durften. Die jungen Spieler wie Karim Jallow, Lukas Meisner und Gavin Schilling lernen gerade, Anführer und nicht nur Rollenspieler zu sein. Der Unterschied ist gewaltig. Um wieder auf die Siegesspur zu finden, müssen wir unser Bestmögliches tun, mit dem, was wir haben.
Hat sich Ihre Rolle als Cheftrainer verändert?
Ich sehe mich als eine Person, die „viele Hüte aufhat“. Manchmal muss man Lehrer sein, manchmal Psychologe, manchmal ein „Drill Sergeant“. Wir haben unser Bestes gegeben, auf positive und optimistische Weise die Situation zu managen. Für mich war das neues Terrain. Es gibt keine Beispiele aus der Vergangenheit, wie man ein Team am besten managen kann, wenn man nur mit Facetime und Zoom kommunizieren kann. Wir hatten viele Treffen als Team und einzeln, um sicherzustellen, dass die Spieler sich verbunden fühlen, nicht deprimiert sind. Dass sie wissen, dass sie immer noch Teil einer Gruppe sind. Sie sind zwar Basketballspieler und groß und stark, aber sie sind auch Menschen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen