Virus-Mutation breitet sich im Norden aus

In Flensburg ist am Montag eine Polizeiaktion gestoppt worden – zu gefährlich im Lockdown, hieß es. Und die Krankenhäuser in Nordfriesland testen nun ihr Personal

„Jeder muss dazu beitragen, das Risiko einer Übertragung zu minimieren“

Heiner Garg, Schleswig-Holsteins Gesundheitsminister (FDP)

Von Esther Geißlinger

Das Baumdorf im Flensburger Bahnhofswald bleibt zunächst – wegen Corona. Seit einigen Tagen verbreitet sich in Schleswig-Holstein eine Virusmutation. Erste Verdachtsfälle tauchten Ende vergangener Woche in Flensburg auf, am Wochenende gab es eine Meldung aus dem Kreis Rendsburg-Eckernförde und im Verlauf des Montags kamen Fälle im Kreis Dithmarschen hinzu. „Jeder muss dazu beitragen, das Risiko einer Übertragung zu minimieren“, sagte Gesundheitsminister Heiner Garg (FDP).

Daran hielten sich die Behörden in Flensburg. Dort hätte eigentlich am frühen Montagmorgen das Baumdorf geräumt werden sollen, in dem Aktivist*innen seit Oktober leben. Sie wollen verhindern, dass das innerstädtische Wäldchen einem Hotel und Parkhaus weichen muss. Doch zwei Beamte der Flensburger Polizei kamen persönlich vorbei und teilten mit, dass der Termin abgesagt worden sei. Der Grund war die Sorge, dass mit einem Großeinsatz im Lockdown „viele Kolleginnen und Kollegen unnötig in eine Gefährdungssituation gebracht worden“ wären, so die Gewerkschaft der Polizei, die der Flensburger Oberbürgermeisterin Simone Lange (SPD) für die Absage der Räumung dankte.

Nicht nur die Polizei, auch Unterstützer*innen der Aktion hätten sich in großer Zahl in Flensburg versammelt – denen sagten die Besetzer*innen ab und luden stattdessen zu einer digitalen Feier ein, um sich für die Solidarität zu bedanken. „Was bleibt, ist der Eindruck, dass die Stadt am Montag den Wald nicht sang und klanglos hätte räumen können“, teilt die Gruppe mit.

Derweil werden in immer mehr Regionen des Landes Varianten des Coronavirus entdeckt, die Merkmale der aus Großbritannien bekannten Mutation zeigen. Um letzte Zweifel auszuräumen, wurden Proben der Varianten an das nationale Konsiliarlabor für Coronaviren an der Charité in Berlin geschickt. In mehreren Krankenhäusern im Land gab es Corona-Ausbrüche, betroffen waren Angestellte.

In Husum und Niebüll, die beide zum Kreiseigenen Klinikum Nordfriesland gehören, wurden am Wochenende rund 1.400 Personen getestet und ein Aufnahmestopp verhängt. Über 100 Menschen, davon 54 vom Personal und 52 Patient*innen, wurden positiv getestet. Im Kreis Dithmarschen nehmen die Krankenhäuser Patient*innen auf, verbieten aber Besuche, Ausnahmen gibt es nur für Sterbende und bei Geburten.