Untersuchung in Neuseeland: Gefahr von rechts übersehen

Das Massaker von Christchurch wurde unter dem Radar der Sicherheitsbehörden vorbereitet. Das ist das Ergebnis einer offiziellen Untersuchungskommission.

Die angegriffene Al-Nur-Moschee in Christchurch bei der Wiedereröffnung Foto: Mark Baker/AP/dpa

SYDNEY taz | Eine Untersuchungskommission in Neuseeland ist zu dem Schluss gekommen, dass es „keinen plausiblen Weg“ gegeben hätte, um den rassistisch motivierten Anschlag auf eine Moschee in Christchurch mit 51 Toten am 15. März 2019 zu verhindern. Allerdings hätten die Sicherheitsbehörden im Vorfeld eine Reihe von Fehlern gemacht, heißt es in dem am Dienstag vorgelegten Abschlussbericht der Kommission. Sie forderte eine Reform der Anti-Terror-Politik.

Die Kommission hatte ihre Arbeit nur Tage nach der Tat begonnen und gefragt, ob die Sicherheitsdienste – der Nachrichtendienst (SIS) und das Amt für Kommunikation und Sicherheit der Regierung (GCSB) – von der Bedrohung wussten oder hätten wissen müssen, die von den australischen rechtsradikalen Rassisten ausging.

Bis dahin hätten beide Behörden ihre Terrorismusbekämpfung auf islamistische Extremisten ausgerichtet und die Bedrohung durch „White Supremacists“ nur als Randbedrohung betrachtet gehabt, so die Untersuchung. Trotzdem hätte nichts getan werden können, um die Anschläge zu stoppen.

Die Generaldirektorin des SIS, Rebecca Kitteridge, sagte, man habe innerhalb der Behörden keine Versäumnisse festgestellt. Es könnten aber „viele Lehren“ daraus gezogen werden. „Wichtige Bereiche“ müssten geändert werden. Sie entschuldigte sich bei der muslimischen Gemeinde, weil sie sich „von den Sicherheitsbehörden ins Visier genommen“ fühlten oder sich „verdächtigt“ fühlten.

Bericht: Ineffizientes System erlaubte, Waffen anzuhäufen

Heftige Kritik übt der Bericht an der Polizei. Ein veraltetes, ineffizientes und „bürokratisches“ System habe es dem Täter erlaubt, ein „Arsenal“ von Waffen zu erwerben. Der Terrorist hatte halbautomatische Gewehre für die Tat gekauft. Nach seinem Massaker führte Neuseeland strikte Waffengesetze ein.

Premierministerin Jacinda Ardern und Polizeichef Andrew Coster entschuldigten sich am Dienstag für die Versäumnisse. Die Regierung wolle alle 44 von der Kommission gemachten Empfehlungen umsetzen. Der Bericht fordert die Einrichtung eines neuen nationalen Nachrichten- und Sicherheitsdienstes. Die Regierung müsse dabei ein Gleichgewicht zwischen dem Schutz der Privatsphäre des Einzelnen und der Sicherheit anderer finden.

Die Kommission hatte auch den zu lebenslanger Haft verurteilten Täter befragt. Demnach hatte er sich schon als Kind rassistisch verhalten. „Seine Lebenserfahrungen scheinen Ressentiments geschürt zu haben, und er radikalisierte sich und bildete rechtsextreme Ansichten über Menschen, die er als Bedrohung betrachtete“, heißt es im Bericht.

Rassismus des Täters bekam Schub durch Internetforen

Entgegen früheren Berichten gebe es aber keine Hinweise darauf, dass er sich auf seinen ausgedehnten Reisen mit extremistischen Gruppen traf, obwohl er dem österreichischen Identitären-Chef Martin Sellner Geld spendete und mit ihm Kontakt hatte.

Er besuchte rechte Internetforen und sei ein Fan und Kommentator auf den Facebook-Seiten der in Australien ansässigen rechtsextremen United Patriots Front und The True Blue Crew gewesen. Auf einem seiner Speichermedien wurde das Manifest des Osloer Rechtsterroristen Anders Breivik gefunden. Laut Bericht hatte der Norweger das Denken des Australiers maßgeblich beeinflusst.

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