Kein Durchbruch bei Brexit-Verhandlungen: Boris Johnson reist nach Brüssel

Die Gespräche über einen Handelsvertrag nach dem Brexit bleiben festgefahren. Am Mittwoch soll der britische Premier Spitzengespräche führen.

EU-Kommissionsgebäude im Nebel

Nebel über der EU-Zentrale: Brüssel, 7. Dezember Foto: Francisco Seco / AP

BRÜSSEL/LONDON rtr/afp/taz | Bei den Brexit-Gesprächen zwischen der EU und Großbritannien hat es auch am Montag keinen Durchbruch gegeben. Der britische Premierminister Boris Johnson wird nun voraussichtlich am Mittwoch für Gespräche in Brüssel erwartet.

Boris Johnson und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erklärten am Montagabend nach einem 90-minütigen Telefonat, bei den jüngsten Verhandlungen habe es keine Basis für eine Übereinkunft gegeben. Beide Seiten hätten aber ihre Verhandlungsteams beauftragt, die bestehenden Differenzen aufzulisten, über die Johnson und von der Leyen dann persönlich beraten wollten.

Ein Vertreter der britischen Regierung sagte mit Blick auf eine Einigung: „Es ist durchaus möglich, dass wir es nicht schaffen.“ Der Vertreter aus London, der anonym bleiben wollte, erklärte weiter, zwar betrachte Großbritannien den Verhandlungsprozess noch nicht als beendet. Die Lage sei aber sehr kompliziert. In anderen Kreisen der britischen Regierung sowie der EU hieß es zudem, es habe bei den jüngsten Gesprächen praktisch keinen Fortschritt gegeben. EU-Diplomaten erklärten sogar, beide Seiten hätten sich eher noch weiter voneinander entfernt.

Dem irischen Sender RTE zufolge hat EU-Chefunterhändler Michel Barnier dem Europäischen Parlament mitgeteilt, es könne noch bis Mittwoch Verhandlungen geben, aber nicht länger – danach beginnt der EU-Gipfel. Der irische Außenminister Simon Coveney sagte demselben Sender, es sei eine „politische Intervention von ganz oben“ notwendig, um das Patt aufzulösen.

Sollte es in den nächsten Tagen nicht doch noch zu einer Einigung über die künftigen Beziehungen zwischen der EU und Großbritannien samt Freihandelsabkommen kommen, droht Anfang 2021 ein harter Bruch. Großbritannien war Ende Januar offiziell aus der EU ausgetreten, der das Königreich zuvor seit 1973 angehört hatte. Am 31. Dezember endet die Übergangsphase, in der Großbritannien noch EU-Regeln anwenden muss. Experten rechnen ohne Handelsabkommen unter anderem mit höheren Zöllen auf viele Produkte sowie langen Wartezeiten an der Grenze.

Binnenmarktgesetz erneut verabschiedet

Zur Belastung des Verhandlungsklimas trägt bei, dass das britische Unterhaus hat am Montagabend das von der EU scharf kritisierte Binnenmarktgesetz erneut verabschiedet hat – samt den zuvor vom Oberhaus gestrichenen Klauseln zu Nordirland, die der britischen Regierung den Verzicht auf Warenkontrollen im Verkehr zwischen Großbritannien und Nordirland ermöglichen und damit Teile des Nordirland-Protokolls im EU-Austrittsvertrag von 2019 außer Kraft setzen könnten.

Wenige Stunden vor der Entscheidung des Parlaments hatte die britische Regierung eine Überarbeitung des Binnenmarktgesetzes in Aussicht gestellt. Es habe „konstruktive“ Gespräche zwischen dem britischen Minister Michael Gove und dem EU-Kommissionsvizepräsidenten Maros Sefcovic gegeben, teilte die Regierung in London am Nachmittag mit.

Sollten sich in den kommenden Tagen beide Seiten endgültig auf die dabei besprochenen Lösungen einigen, werde London die umstrittenen Klauseln aus dem Binnenmarktgesetz wieder streichen. Wirtschaftsstaatssekretär Paul Scully sagte im Unterhaus, die Klauseln sollten bis dahin aber „in ihrer bestehenden Form“ als Auffanglösung beibehalten werden. Nach dem Votum am Montag wird die Vorlage nun erneut dem House of Lords vorgelegt, bevor dann das Unterhaus abschließend darüber abstimmt.

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