: Steilvorlage für den Lynchmob
Zwei RTL-Mitarbeiter sollen sich vor Gericht verantworten
Auf „Fahrlässige Körperverletzung“ lautet der Tatvorwurf in der Anklageschrift gegen zwei RTL-Mitarbeiter, die die Staatsanwaltschaft nun beim Amtsgericht Bremen-Blumenthal eingereicht hat. Ob die Anklage tatsächlich zur Verhandlung zugelassen wird, muss der zuständige Richter jetzt prüfen. Wenn ja, wäre das in der deutschen Pressegeschichte wohl ein ziemlich einzigartiges Verfahren.
Angeklagt sind die Filmemacher, weil sich nach ihrem Beitrag über „die neueste Masche der Pädophilen“ vor zwei Jahren vor einem Wohnhaus ein Lynchmob versammelte und einen völlig unbeteiligten Mann krankenhausreif prügelte.
Der RTL-Beitrag hatte versucht nachzuzeichnen, wie sich Pädosexuelle in Chats an Minderjährige heranmachen. Vor einem Einkaufszentrum in Marßel wollte das Kamerateam das Treffen eines mutmaßlichen Täters mit einem Lockvogel filmen. Doch niemand kam zum vereinbarten Treffpunkt. Das Team verfolgte allerdings einen Passanten, der sich in seinen Augen verdächtig verhielt, bis zu dessen Wohnblock.
Dort sammelte sich nach der Ausstrahlung ein Mob von rund zwanzig Leuten, von denen einige die Wohnungstür eines damals 50-jährigen Handwerkers eintraten und den Mann schwer verprügelten. Er erlitt lebensgefährliche Kopfverletzungen. Für diesen Angriff ist bisher nur ein einziger Mann verurteilt worden – er hatte sich freiwillig gestellt, aber keine Mittäter benannt.
Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft sollen sich die RTL-Mitarbeiter mitschuldig gemacht haben, weil sie weder den vermeintlichen Verdächtigen noch die Wohngegend hinreichend unkenntlich gemacht hatten. Das hatte 2018 schon die Landesmedienanstalt beanstandet. RTL weist jede Schuld zurück. Der Angriff sei vollkommen unvorhersehbar gewesen, sagte ein Sprecher. Der verprügelte Mann war ja nicht einmal derjenige, der verpixelt im Beitrag gezeigt wurde. Nadine Conti
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