: Klimarettung vertagt
Zehn Millionen Euro standen 2020 in Bremen für Klimaschutz bereit. Genutzt wurde das Geld nicht: Der Senat nutzt die Summe jetzt erst einmal, um Lücken im Haushalt zu stopfen
VonLotta Drügemöller
Klimaschutz, das ist nicht nur Aufgabe des Umweltressorts, sondern muss in allen Bereichen stattfinden – aus dieser Erkenntnis heraus hatte die Landesregierung im Doppelhaushalt 2020/21 Globalmittel dafür bereitgestellt: Zehn Millionen in diesem Jahr, weitere 20 Millionen Euro sollten 2021 folgen. Das Geld sollte von der Senatorin für Klimaschutz, Umwelt, Mobilität und Stadtentwicklung (SKUMS) verwaltet, aber von allen Ressorts für ihre Klimaschutzprojekte genutzt werden.
Die Bürgerschaft hat den Haushalt im Juli verabschiedet. Doch von den zehn Millionen sind bisher genau null Euro ausgegeben worden. Das Geld soll jetzt andere Löcher im Haushalt stopfen.
Ideen hätte es genug gegeben: 144 Anträge aus allen Ressorts sind bei SKUMS eingegangen, über insgesamt gut 23 Millionen Euro. Sie reichen von Bildungs- über Bauprojekte, von kleinen Anträgen zur Reduzierung der Netzwerkdrucker (5.000 Euro) bis zum ganz großen Plan zur Umstellung der Bremer Wirtschaft auf Wasserstoff (3 Millionen Euro).
Um die Mittel zu vergeben, hätte es schlicht mehr Zeit gebraucht, erklärt man im Umweltressort. „Es ärgert mich selbst, dass wir den speziellen Klimaschutztopf von 30 Millionen Euro wegen der späten Verabschiedung des Haushaltes 2020 noch nicht weitreichender genutzt haben“, so Umweltsenatorin Maike Schaefer (Grüne) über die Null-Euro-Vergabe. Für die Opposition eine Steilvorlage: „Ich dachte immer, für die Grünen hätte Klimaschutz eine besondere Priorität, das höre ich mir in jeder Sitzung an“, sagt Jens Eckhoff, haushaltspolitischer Sprecher der CDU. Geld, das laut Haushalt zu haben ist, nicht auszugeben: „Mir wäre das nicht passiert“, so Eckhoff.
Der Senat indes kann das eingesparte Geld gut gebrauchen: Haushalte werden in Bremen für gewöhnlich zu eng gestrickt; es sind mehr Ausgaben als Einnahmen eingeplant. Am Ende des Jahres muss die Rechnung trotzdem stimmen – der Haushaltsgesetzgeber geht dafür von vornherein davon aus, dass nie alle geplanten Projekte umgesetzt werden. Diese „Minderausgaben“ mussten für 2020 gut 45 Millionen Euro betragen; zehn Millionen davon, das hat der Senat Anfang Dezember beschlossen, kommen nun eben aus dem Handlungsfeld Klimaschutz.
Im Haushaltsressort beruhigt man: Das „Programmpaket wird zeitlich verspätet beginnen, behält aber weiterhin einen Umfang in Höhe von 30 Millionen Euro“, heißt es von der Sprecherin des Finanzsenators, Dagmar Bleiker. Es gebe also 2021 statt 20 einfach 30 Millionen Euro für den Klimaschutz.
Allein: Das Geld kann eigentlich nicht einfach übertragen werden, schließlich ist es nun als Minderausgabe bereits eingeplant. Die zusätzlichen zehn Millionen Euro sollen deshalb 2021 möglichst als „Verpflichtungsermächtigung“ beantragt werden – als Geld also, das für ein bestimmtes Projekt nötig ist, aber erst in einem späteren Jahr tatsächlich ausgegeben wird. „Erfahrungsgemäß ist nicht davon auszugehen, dass das volle Programmvolumen auch in 2021 kassenwirksam wird“, schreibt Bleiker. Insbesondere Bauprojekte verzögerten sich oft.
Man plant also auf Zeitverlust. Das Geld aus einer Verpflichtungsermächtigung muss im nächsten Doppelhaushalt zwingend berücksichtigt werden. Damit wiederum sinkt jedoch der Spielraum für neue Projekte ab 2022, zumindest unter den Bedingungen der Schuldenbremse.
Mit Verschieben der Klimaschutzausgaben in die nächsten Jahre kommt nun alles etwas später – obwohl sich einige Projekte, wie der Austausch der Beleuchtung in Theater oder Hochschule, gut mit einem Lockdown verstanden hätten.
Ein verlorenes Jahr für den Klimaschutz sei 2020 trotzdem nicht, so Schaefer – und verweist etwa auf den Fernwärmeausbau und die Planung der neuen Fahrradbrücken. Mittlerweile hat das Ressort auch einen Plan vorgelegt, was überhaupt förderwürdig ist – auf dass in den nächsten Jahren Geld auch ausgegeben wird.
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