: Mehr Klima- und Wetterkatastrophen
Anpassungsmaßnahmen an die Erderhitzung kommen zu langsam voran, warnt das Rote Kreuz
Von Susanne Schwarz
Es ist der bisher stärkste Sturm der diesjährigen Atlantischen Hurrikansaison: Am späten Montagabend ist „Iota“ in Nicaragua auf Land getroffen. Viele Gegenden in Zentralamerika haben sich noch nicht von Hurrikan „Eta“ erholt, der vor weniger als zwei Wochen wütete. Mindestens 120 Menschen waren dabei ums Leben gekommen.
Diese Saison hat schon mehr Rekorde gesehen: „Iota“ ist der 30. Sturm. So viele gab es in vorherigen Jahren noch nie. Auch insgesamt gab es in diesem Jahr weltweit viele wetter- und klimabedingte Naturkatastrophen. Das zeigt der Weltkatastrophenbericht der Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften, der am Dienstag in Genf vorgestellt wurde.
Die humanitären Helfer:innen nutzten das, um Alarm zu schlagen: Sie kritisieren, dass die Klimakrise mit ihren Folgen durch die Coronapandemie politisch in den Hintergrund gerückt ist. Von März bis September seien insgesamt mehr als 50 Millionen Menschen von mehr als 100 Katastrophen heimgesucht worden.
„Die Anpassung an den Klimawandel kann nicht auf der Rückbank abgestellt werden, während die Welt mit der Pandemie beschäftigt ist“, sagte Förderationschef Jagan Chapagain am Dienstag. „Die zwei Krisen müssen zusammen angepackt werden.“ Er verwies auf die Konjunkturpakete, die gerade geschnürt werden.
Vier von fünf Naturkatastrophen weltweit in den vergangenen zehn Jahren seien auf extremes Wetter und die Folgen der Klimakrise zurückzuführen, warnt das Rote Kreuz. Es macht dabei einen Trend fest: In den neunziger Jahren seien es noch 35 Prozent weniger gewesen. Gemeint sind nicht nur Hurrikane, sondern auch andere extreme Unwetter, Überschwemmungen, Hitzewellen oder Dürren.
Seit 2010 seien etwa 1,7 Milliarden Menschen von solchen klima- und wetterbedingten Katastrophen betroffen gewesen, etwa durch den Verlust von Wohnhäusern, Äckern, Vieh oder anderen Lebensgrundlagen, schreibt das Rote Kreuz. Mehr als 410.000 Menschen seien gestorben.
„Es ist unsere erste Verantwortung, die Menschen zu schützen, die den Klimarisiken am stärksten ausgesetzt sind“, sagte Förderationschef Jagan Chapagain. „Unsere Ergebnisse zeigen aber, dass die Welt dabei kollektiv versagt.“ Es gebe eine deutliche Diskrepanz zwischen den Orten, wo die Klimarisiken am größten sind – und wo viel Geld in die Anpassung an den Wandel fließt.
Damit sich das ändert, sollen ab 2020 jährlich 100 Milliarden US-Dollar für den Klimaschutz aus dem Globalen Norden in den Globalen Süden fließen – ein Teil davon in Anpassungsmaßnahmen. Das haben die Industriestaaten schon 2009 bei der Weltklimakonferenz in Kopenhagen versprochen. Noch immer ist aber nicht klar, ob dieses Geld in voller Höhe zusammenkommt.
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