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Warten auf die anderen

Erneut zieht eine islamistische Demonstration durch die Innenstadt – mit weniger Zuspruch als die Anfang November. Eine Gegenkundgebung macht sich „für die Religionskritik“ stark

Love für den Propheten: Demo in der Innenstadt Foto: Daniel Reinhardt/dpa

Von Alexander Diehl

Wer pünktlich kam, fand erst mal – nichts. Von der islamistischen Demon­stration, die am Freitag um halb drei in St. Georg beginnen sollte, war da nur sehr wenig zu bemerken. Wären nicht so viele Polizeifahrzeuge in der Adenauerallee aufgereiht gewesen: Man hätte glauben können, die Ehre des Propheten solle an einem anderen Tag verteidigt werden. Immerhin ließ sich die Gegenkundgebung ausfindig machen: auf der anderen Seite des Hauptbahnhofs, am Anfang der Mönckebergstraße.

„Für die Religionskritik“ war diese Kundgebung überschrieben worden, und tatsächlich war unter den Transparenten auch eines, das forderte, die „Blasphemie“ aus dem Strafgesetzbuch zu tilgen. Und eine Anwesende hatte ein Freud-Bonmot auf Pappe dabei, ein nicht ganz sauber zitiertes über Religion als „kollektive Zwangsneurose“. Aber dieser Kundgebung ging’s vor allem dann doch um ein ganz bestimmtes Kritik-Objekt: den Islam. Moment – nicht den Islamismus, gern auch als „politischer Islam“ gefasst? Jein. Denn da standen neben in Flaggen gehüllten Exil-Iraner*innen und szenetypisch gekleideter Antifa – teils andere Flaggen schwenkend, nämlich solche mit Regenbogenfarben und Davidstern drauf – auch bekennende „Ex-Muslime“.

Mit rund einer Stunde Verspätung erst kamen aus Richtung Berliner Tor die Muslime an der Gegenkundgebung vorbei, flankiert von reichlich Polizei, teils zu Pferd. Die Zahlenverhältnisse hatten sich diesmal etwas verschoben: Auf bis zu 160 Teilnehmende bezifferte die Polizei diesmal die Demonstration „gegen die Respektlosigkeit gegenüber unserem Propheten“, auf 60 brachte es die Gegendemo. Vor knapp zwei Wochen war das Verhältnis 250 zu 15.

Angemeldet hatte die aktuelle Demonstration nach Angaben des Verfassungsschutzes unter anderem jemand aus dem Umfeld des als problematisch eingestuften und beobachteten Al-Azhari-Instituts. CDU, SPD, Grüne und Linke hatten sich ablehnend geäußert in den vergangenen Tagen, der CDU-Abgeordnete Dennis Gladiator ein Verbot des Umzugs gefordert. Dass aber Unerträglichkeit kein Untersagungsgrund sei, hatte Innensenator Andy Grote (SPD) noch am Freitagnachmittag getwittert.

Angemeldet hatte die Demonstration jemand aus dem Umfeld des als problematisch eingestuften Al-Azhari-Instituts

Äußerten die Islamisten Menschenfeindliches, was etwa die Grünen nicht zu tolerieren angekündigt hatten? Schwer zu sagen: Auf ihren erkennbar für den internationalen Seelenheilsmarkt gefertigten – nämlich teils englisch betexteten – Transparenten wurde Toleranz gefordert, auch Peace-Zeichen waren zu sehen. Die dpa wusste zu berichten, dass sich ein Redner des Al-Azhari-Instituts bei der Abschlusskundgebung ausdrücklich von Gewalt distanzierte – und vom „politischen Islam“.

Die Sprechchöre zuvor freilich, der nicht enden wollende Wechselgesang aus Männerkehlen – der erklang durchweg auf Arabisch.

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