Fortschritte bei sauberem Strom auf der Kippe

Die G20 sind mit der Verringerung der Treibhausgasemission 2019 ein klein wenig vorangekommen. Die Corona-Finanzhilfen drohen den Effekt aber wieder aufzuheben

Kein gutes Signal für den Klimaschutz: Der Ausbau der Windenergie in Deutschland stagniert Foto: Paul Langrock/Zenit

Von Susanne Schwarz

Ein Trippelschritt fürs Klima: 0,1 Prozent weniger Treibhausgase als 2018 haben die 20 größten Volkswirtschaften der Welt im vergangenen Jahr mit ihrer Stromerzeugung in die Atmosphäre entlassen. Das zeigt der Climate Transparency Report, eine Studie, die 14 Forschungsorganisationen und NGOs gemeinsam durchgeführt haben. Was nach einem verschwindend kleinen Effekt klingt, wird zu einem zumindest kleinen Erfolg, wenn man sich vergegenwärtigt, dass die Emissionen im Jahr davor noch um 1,8 Prozent gestiegen waren.

Laut den Studienautor:innen ist der leichte Rückgang der Emissionen auch tatsächlich auf energiepolitische Steuerung zurückzuführen – und nicht etwa darauf, dass die Wirtschaftskraft zurückging und die Unternehmen deswegen weniger Strom brauchten: Konkret wurde 2019 zum Beispiel 2 Prozent weniger Kohle verfeuert. Und der Boom der Erneuerbaren dauerte an. Im Schnitt ist der Ökostrom-Anteil in der Stromerzeugung der G20-Staaten in den vergangenen fünf Jahren laut Report um knapp ein Fünftel auf nun fast 28 Prozent gewachsen.

In Deutschland trugen die erneuerbaren Energien mit 43 Prozent zur Stromproduktion bei. Kritisch sehen die Autor:innen, dass der Ausbau von Windrädern hierzulande zuletzt praktisch eingebrochen ist – und dass der Kohleausstieg noch länger dauern soll als bei anderen EU-Staaten. Spätestens 2038 muss in Deutschland nach aktuellem Stand das letzte Kohlekraftwerk abgestellt werden.

Für dieses Jahr geht die Studie davon aus, dass die Emissionen deutlich stärker zurückgehen als 2019, nämlich um 7,5 Prozent. Das wäre dann größtenteils auf die Wirtschaftskrise infolge der Coronapandemie zurückzuführen.

Die Autor:innen warnen jedoch davor, dass der Fortschritt durch die Folgen der Konjunkturpakete wieder aufgefressen werden kann. Letzlich könnten die Emissionen dadurch sogar wieder steigen, heißt es. „Bisher müssen wir feststellen: Fossile Energien gehören in vielen Ländern zu den Profiteuren der billionenstarken Konjunkturprogramme“, sagt Jan Burck von der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch, der an der Studie mitgeschrieben hat. Zwar bänden „die EU und Deutschland zumindest Teile ihrer Konjunkturhilfen an Klimakriterien“. Es sei aber nicht sichergestellt, dass die restlichen Maßnahmen dem Klimaschutz nicht im Weg stehen.

In anderen Sektoren als der Stromerzeugung war zudem auch 2019 nicht mal ein leichter Rückgang der Emissionen zu verzeichnen. Im Verkehrswesen sind sie beispielsweise weiter in die Höhe geschossen.

Auch jenseits der aktuellen Coronahilfen sind die Geldflüsse aus den öffentlichen Haushalten bei Weitem noch nicht klimafreundlich ausgerichtet. Mit insgesamt 130 Milliarden US-Dollar haben die G20 im vergangenen Jahr Öl, Gas und Kohle subventioniert. Eigentlich hatten sich die G20-Staaten schon vor elf Jahren auf ihrem damaligen Gipfeltreffen im US-amerikanischen Pittsburgh dazu verpflichtet, solche staatlichen Hilfen auslaufen zu lassen.

In der vergangenen Woche waren die drei Denkfabriken International Institute for Sustainable Development, Overseas Development Institute und Oil Change International sogar auf einen noch höheren Wert gekommen. Sie haben nicht nur direkte Subventionen, sondern auch andere Förderprogramme für die fossilen Industrien zusammengerechnet. Demnach stecken die G20 zurzeit sogar 584 Milliarden US-Dollar pro Jahr in die Förderung und Nutzung von Öl, Gas und Kohle.

Diese Summe entspricht dem Durchschnitt von 2017 bis 2020. Im Vergleich zu der Dreijahresspanne davor sei das immerhin ein Rückgang um 9 Prozent, heißt es in der Studie.

Derzeit subventionieren die G20 fossile Energien mit 584 Milliarden US-Dollar pro Jahr

„Die Regierungen der G20 waren auch vor Covid-19 schon auf keinem guten Weg, um die öffentliche Unterstützung für fossile Kraftstoffe zu beenden und ihre Pflichten aus dem Pariser Weltklimaabkommen zu erfüllen“, sagt Leitautorin Anna Geddes. „Umso enttäuschender ist es, dass sie sich nun sogar in die entgegengesetzte Richtung bewegen.“

In diesem Fall schneidet Deutschland in der Rangfolge der G20-Länder am besten ab. Das liegt aber vor allem daran, dass die Wissenschaftler:innen nicht nur die tatsächliche Subventionshöhe berücksichtigt haben, sondern etwa auch die Transparenz der öffentlichen Geldflüsse und die politischen Ziele.

„Deutschland schneidet im Ranking aus formalen Gründen gut ab“, kommentierte Carolin Schenuit, Chefin des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS), die Ergebnisse. „Wir haben gesetzlich festgelegte Klimaziele und einen Subventionsbericht.“ Wenn man sich aber anschaue, wie nahe man den Zielen komme, sehe es auch hierzulande schlecht aus.

Am schlechtesten schneiden im Subventionsranking Großbritannien und die Türkei sowie Mexiko ab.