: Qualhäppchen mit Apfel
Die Tierrechtsorganisation Peta kritisiert Restaurants, wenn diese noch Gänsestopfleber auf der Karte haben. Einige Gastronomen verzichten mittlerweile freiwillig auf die Foie Gras
Von Sarah Zaheer
Die Tierrechtsorganisation Petafordert das Restaurant „The Dining Room“ am Rödingsmarkt auf, Gänsestopfleber, bekannt unter dem französischen Namen Foie Gras, von der Karte zu streichen. Das Restaurant weist die Kritik von sich, da tierleidfreiere Produkte verwendet würden.
Bei der herkömmlichen Stopfmast wird Gänsen und Enten mehrmals täglich gewaltsam ein Rohr oder Schlauch mit fettreichem Getreidebrei in die Speiseröhre gestopft. Daher schwillt die Leber innerhalb von etwa zwei Wochen bis auf ein Zehnfaches an. „Dies ist, als würde man einem durchschnittlichen Gast etwa fünfzehn Kilogramm Spaghetti in den Rachen stoßen“, sagt Tanja Breining, Biologin und Fachreferentin bei Peta.
Das Stopfen ist daher in Deutschland verboten, der Import aus Frankreich dagegen durch den freien Warenverkehr innerhalb der EU erlaubt. Deutschland ist einer der größten Abnehmer der Stopfleber. Ein Blick auf die Speisekarten anderer gehobener Gastronomien in Hamburg zeigt, dass die mit Tierqualen verbundene Delikatesse nachgefragt wird.
In der Vergangenheit versuchte Peta dagegen zu klagen, hatte jedoch keinen Erfolg. Seitdem macht die Tierrechtsorganisation einzelne Betriebe, welche das umstrittene Gericht anbieten, auf die Problematik aufmerksam. Viele würden daraufhin das Gericht von der Karte nehmen und mit Verständnis reagieren, sagt Breining.
Das Restaurant „The Dining Room“ hat „Fat Goose Foie Gras Parfait“ auf der Karte. Man habe zunächst den Dialog zum Inhaber gesucht, sagt Breining. Dieser habe erst nicht geantwortet und dann sehr defensiv und unfreundlich reagiert.
Besitzer Tim-Christopher Harris sieht das anders. Er habe Peta erörtert, dass man keine Stopflebermast unterstütze. Das Restaurant biete „Happy Foie Gras“ an. Dies sei „eine Leber von freilaufenden Bio-Gänsen, die künstlich aufgefettet wird, ohne Stopfen“, sagt Harris. Tatsächlich wurde ein solches Verfahren in Hannover entwickelt (siehe Kasten). Durch „Drohungen bezüglich Aktivistengruppen“ habe er mit Peta keine Gesprächsgrundlage mehr. Dennoch aktualisierte der Gastronom die Speisekarte um die Präzisierung „Happy Foie Grass“.
„Vom Tierschutz her ist das eine erhebliche Verbesserung. Aus Tierrechtssicht aber nicht“, sagt Edmund Haferbeck von Peta. „Die Tiere werden immer noch gezüchtet, getötet und für Daunen gerupft.“
Auch auf der Internetseite des französischen Restaurants „Petit Bonheur“ in der Innenstadt wurde Foie Gras aufgeführt. Auf Anfrage erklärte der Geschäftsführer, dass man die Qualen der Mast „bereits in der Vergangenheit erkannt und darauf reagiert“ habe. Die Speisekarte wurde inzwischen ebenfalls aktualisiert. Auch das „Il Cantuccio“ hat die Speise letztes Jahr von der Karte genommen. „Wir haben es früher angeboten, weil es viel Nachfrage gab“, heißt es von dem Eppendorfer Lokal.
„Foie Gras“ wird aus der Leber von fünf bis sechs Monate alten Gänsen oder Enten gewonnen, die – meist mit Getreide – überfüttert wurden. Die Produktion ist in vielen Ländern, so auch in Deutschland, aus Tierschutzgründen verboten, Import und Verkauf sind aber beispielsweise in der EU erlaubt.
Hinter der „Happy Foie Gras“ oder „Unge-Stopfleber“ genannten Variante steckt eine Methode, die ohne das Vollstopfen der Tiere auskommt. Die Leber der Tiere wird nach dem Schlachten künstlich „aufgefettet“, so der Begriff dafür. Das so entstehende Produkt soll sich geschmacklich nicht von einer herkömmlichen Stopfleber unterscheiden.
Offenbar steigt die Sensibilität für den Tierschutz. „Wir machen dazu seit über zehn Jahren Kampagnen und üben öffentlichen Druck aus“, sagt Haferbeck. Das sei immer erfolgreicher.
Dennoch wird in anderen Gastronomiebetrieben in der Stadt Foie Gras weiterhin angeboten. In Ottensen wird im „Petit Amour“ eine „Terrine von der Foie Gras und Marone, mit grünem Apfel und Matchatee“ aufgetischt. Dort kann man Stopfleber in einem mehrgängigen Menü für insgesamt satte 159 Euro pro Person bestellen. Der Geschäftsführer sei grundsätzlich bereit für ein Gespräch, habe jedoch zurzeit wegen der coronabedingten Schließung „alle Hände voll zu tun, um auf die aktuelle Lage zu reagieren“, heißt es auf Anfrage.
Das Restaurant „Brasserie“ im Hotel Tortue an der Stadthausbrücke bietet Entenstopfleber sogar in zwei Variationen an. Auf mehrfache Anfrage der taz reagierte das Restaurant nicht.
Peta-Sprecherin Breining sagt, dass Peta sogenannte „Streetteams“ einsetze, die mit Aktionen vor Restaurants auf die Hintergründe der Stopfmast aufmerksam machten. So protestierten in Bremen im August Aktivist:innen vor einem Lokal und wiesen Gäste auf die Tierqual hin. Dies droht womöglich auch Hamburger Gastronomien – sobald sie wieder öffnen dürfen.
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