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Beim Töten gerne zugeschaut

Belarus will die Eishockey-WM 2021 ausrichten. Doch Verbandsboss Dmitry Baskov soll in den gewaltsamen Tod eines Demonstranten verstrickt sein. Dem Regime droht der Entzug des Turniers

Eishockeyfan Alexander Lukaschenko Foto: reuters/Pool

Von Krystab Ruchkin

Noch möchten die Verantwortlichen in Belarus, dass die nächste Eishockey-WM auch in Minsk stattfindet. Doch mittlerweile macht die Information die Runde, der Vorsitzende des belarussischen Eishockeyverbandes, Dmitry Baskov, könnte etwas mit dem gewaltsamen Tod des Demonstranten Roman Bondarenko zu tun haben.

Nun mehren sich die Zweifel an der Vergabe des Turniers. Am Mittwoch will der Weltverband IIHF entscheiden, ob im Mai/Juni 2021 wie geplant die WM nicht nur im lettischen Riga, sondern auch in der belarussischen Hauptstadt Minsk über die Bühne gehen soll.

Seit in der Nacht auf Donnerstag der 31-jährige Bondarenko von maskierten Schlägern zusammengeschlagen wurde, so dass er später in einem Krankenhaus starb, mehren sich die Indizien, dass auch Eishockeypräsident Dmitry Baskov zur Gruppe der Angreifer gehört hat. Das ergibt sich aus der Auswertung von Videomaterial, das der seit Wochen gesperrten Onlineplattform tribuna.by und auch andere Medien vorliegt: Es sind Aufnahmen von Überwachungskameras und Handyvideos von Beteiligten und Zeugen. Sie legen den zwingenden Verdacht nahe, dass der Mann, der die entscheidenden Schläge versetzte, Dmitry Shakuta war, achtfacher Weltmeister im Muay-Thai-Kickboxen. Und auch das legen die Beweise nahe: Es war wohl Dmitry Baskov, der bei der todbringenden Auseinandersetzung passiv am Rande gestanden hat. Er soll auch mitverantwortlich für die Vertuschung dieser schweren Straftat sein.

Seit er als Jugendtrainer bei Dynamo Minsk Lukaschenkos Lieblingssohn Kolya betreute, gilt der 42-Jährige als persönlicher Protegé des Staatspräsidenten. Mittlerweile ist der frühere Torwart mit mäßiger Karriere der einflussreichste Mann im belarussischen Eishockey. Ihm wurden Anteile an einer Batteriefabrik geschenkt und er konnte sich trotz eines überschaubaren Monatsgehaltes kürzlich für eine halbe Million Euro ein luxuriöses Apartment kaufen.

Alexander Lukaschenko ist bekannt dafür, seine engsten Anhänger dergestalt zu privilegieren. Wer allerdings in Ungnade fällt, muss damit rechnen, der Korruption bezichtigt und inhaftiert zu werden. Da wundert es nicht, dass der Eishockeyboss stets besonders eifrig war, wenn es um die Durchsetzung von Lukaschenkos Interessen ging. Zu denen gehört für den Eishockeyfan Lukaschenko auch die WM im Frühling.

In seinem Zuständigkeitsbereich ließ Dmitry Baskov beinahe alle Unterzeichner des Athletenbriefes feuern. Mittlerweile wurde dieser Protest von über 1.000 Sportlern unterschrieben. Zu den Entlassenen oder „freiwillig“ gegangenen gehören der Cheftrainer der Jugendnationalmannschaft Alexander Rummo, der Verbands-Sportdirektor Wladimir Bereshkow und der Vorsitzende des Erstligisten Lokomotive Orsha, Ewgenij Mazuro.

Persönlich zeigte sich Baskov zuletzt auch gerne bei von der Regierung organisierten Autokorsos, und es heißt, er sei nicht nur einmal gemeinsam mit Mitstreitern abends durch Minsker Wohnanlagen gegangen, um die Plätze von Zeichen der Opposition zu säubern.

Doch die Proteste gegen die Eishockey-WM nehmen zu. Koordiniert wird der Kampf von Alexander Apeikin. Der Manager des Handballerstligisten Vityaz Minsk hat besagten Athletenbrief initiiert. Vor einer drohenden Verhaftung hatte er sich bereits im August nach Kiew abgesetzt. Die Eishockey-WM in Minsk nennt Apeikin einen „Tanz auf den Knochen des belarussischen Volkes“.

Die auch internationalen Proteste haben dafür gesorgt, dass eine solche WM für das Lukaschenko-Regime ein Risiko darstellt. Immerhin müsste er nicht nur zahllose ausländische Fans ins Land lassen, sondern auch internationale Presse, die sich kaum vorschreiben lässt, über was sie berichten darf. 2014, zur bislang letzten Eishockey-WM in Belarus, hatte das EU-Parlament protestiert, Lukaschenko musste Zugeständnisse machen und Journalisten ins Land lassen. Dass die aktuellen Proteste gegen Wahlfälschung und Polizeigewalt bis zum Frühling nicht zu Ende sein werden, dürfte Lukaschenko wissen.

Bereits drei Topevents wurden seit August dieses Jahres abgesagt: Im Schach wurde die Bewerbung für die renommierte Schacholympiade fallengelassen. In der Leichtathletik wurde das Super-League-Turnier 2021 verschoben, und die Fecht-EM 2020 wurde vom Kontinentalverband wegen der Corona­krise ersatzlos gestrichen.

Vermutlich ist Corona auch für den IIHF-Boss René Fasel der beste Ausweg aus der verfahrenen Situation. Es heißt, dem ansonsten so anpassungsfähigen Schweizer seien seit einigen Wochen starke Zweifel an einem WM-Finale in Minsk gekommen.

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