piwik no script img

Rücktrittsrufe werden lauter

Opposition wirft Familienministerin Franziska Giffey in ihrer Plagiatsaffäre „durchschaubaren Winkelzug“ vor

Nach der Erklärung von Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD), auf ihren Doktortitel fortan verzichten zu wollen, haben ihr Politiker der Opposition und aus den eigenen Reihen am Wochenende den Rücktritt nahegelegt. Kai Gehring, Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion für Forschung und Wissenschaft, kritisierte den Verzicht gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland als „taktisches Scharmützel“. „Auch eine Türschildpromotion kann man nicht abgeben wie einen Mantel an der Garderobe, nur die Universität kann den Doktortitel aberkennen.“ Auf das Führen des Doktorgrades zu verzichten, sei ein „durchschaubarer Winkelzug, weil Frau Giffey für den Fall einer Aberkennung ihren Rücktritt als Ministerin in Aussicht gestellt hat.“

Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki sagte der Bild, der Verzicht „erlöst sie nicht“. „Stellt sich heraus, dass sie getäuscht hat, bleibt ihr nur der Rücktritt.“ Auch aus den Reihen ihrer eigenen Partei kam Kritik: Giffeys Vorgänger im Amt des Bürgermeisters von Berlin-Neukölln, Heinz Buschkowsky (SPD), sagte derselben Zeitung, Giffeys Verzicht komme „viel zu spät, um mit Anstand aus der Nummer rauszukommen“. Eigentlich bleibe ihr nichts anderes übrig, „als die Konsequenzen zu ziehen, die sie selbst vor gut einem Jahr angekündigt hat“.

Der Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Bildung und Forschung, Ernst Dieter Rossmann (SPD), nahm Giffey dagegen in Schutz. „Das ist eine klare und gute Entscheidung“, sagte er dem RND. Entscheidend sei, dass seine Parteifreundin „sich damit frei macht von der endlosen Prozedur, die an der Freien Universität noch einmal durchgeführt werden soll. Das ist nur klug und allzu verständlich.“

Die CDU-Spitze pocht derweil auf eine Fortsetzung des Prüfverfahrens. „In der Causa Giffey ist im Interesse der Integrität unseres Wissenschaftssystems eine abschließende Überprüfung und Bewertung unerlässlich“, sagte die Vorsitzende des CDU-Bundesfachausschusses Bildung, Forschung und Innovation, Karin Prien, am Samstag.

Giffey hatte am Freitag in der Affäre um Plagiate in ihrer Dissertation erklärt, künftig ihren Doktortitel nicht mehr führen zu wollen. Ihre Arbeit als ­Bundesministerin will sie aber fortsetzen und wie angekündigt bei dem Berliner SPD-Parteitag für den Landesvorsitz kandidieren.

Die Freie Universität (FU) Berlin hatte sich 2019 gegen eine Aberkennung des Doktortitels entschieden. Zuletzt kündigte sie nach mehreren kritischen Gutachten aber an, neu über die Plagiatsvorwürfe zu entscheiden. (dpa, AFP)

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen