Kalbitz-Nachfolge gesucht

Für den Vorsitz der Brandenburger AfD-Fraktion kandidieren: ein Rechtsextremist, zwei Kalbitz-Vertraute

Von Sabine am Orde

Mehr als zwei Monate hat die Brandenburger Landtagsfraktion der AfD schon keinen richtigen Vorsitzenden mehr. Mitte August hat der Rechtsextremist Andreas Kalbitz den Posten niedergelegt, nachdem er ihn zuvor bereits ruhen ließ – wegen juristischer Streitigkeiten über seinen Ausschluss aus der Partei und der sogenannten Milzrissaffäre. Am Dienstagvormittag nun will die Fraktion eine Nachfolge wählen.

Drei KandidatInnen gibt es bislang. Relevant ist dabei nicht nur die Frage, wie extrem rechts die drei jeweils sind – schließlich wird der gesamte Landesverband als rechtsextremer Verdachtsfall vom Verfassungsschutz beobachtet. Interessant ist auch, wie eng sie mit Kalbitz verbandelt sind. Der ehemalige „Flügel“-Anführer und Strippenzieher ist zwar kein Parteimitglied mehr, aber weiterhin Teil der Potsdamer Landtagsfraktion. Dass er weiter mit­mischen will, bezweifelt niemand.

Zuerst hatte Christoph Berndt, der lange als Labormediziner an der Berliner Charité gearbeitet hat und dort Personalrat war, seine Kandidatur erklärt. Berndt ist erst seit 2018 in der AfD, seit 2019 sitzt er im Landtag. Bei der Wahl zum Spitzenkandidaten für die Brandenburger Wahl hätte er Kalbitz fast geschlagen. Der 64-Jährige ist Vorsitzender des Vereins „Zukunft Heimat“ aus Cottbus, der laut Verfassungsschutz „nationalsozialistisch beeinflusst“ und „erwiesen rechtsextremistisch“ ist. Der Verein gilt als von Neonazis geprägt.

Die Wahl gilt als offen, Berndt werden durchaus Chancen eingeräumt. Das könnte auch daran liegen, dass er den Ruf hat, relativ unabhängig von Kalbitz zu sein. Von dessen autoritärem Führungsstil und seiner Strippenzieherei hatten viele die Nase voll. Als Kalbitz-Vertraute dagegen gelten die beiden anderen KandidatInnen, die stellvertretende Fraktionschefin Birgit Bessin und der Parlamentarische Geschäftsführer Dennis Hohloch.

Hohloch, 31, Lehrer, war Mitglied der SPD, bevor er 2014 in die AfD eintrat. Jahrelang war er Vorsitzender der Jungen Alternative (JA) in Brandenburg, die sich eng an Kalbitz gebunden hat. Hohloch soll laut Verfassungsschutz, wie viele Brandenburger JAler, Kontakte zur rechtsextremen Identitären Bewegung haben. Auch persönlich verbunden soll Hohloch Kalbitz gewesen sein. In einer jüngst ausgestrahlten TV-Dokumentation erzählt er, dass Kalbitz bei seiner Hochzeit zu Gast gewesen sei. Noch nach Kalbitz’Parteiausschluss durch den Bundesvorstand eröffnete Hohloch ein gemeinsames Wahlkreisbüro mit ihm, was durchaus als Solidaritätsbekundung verstanden werden konnte. Allerdings könnte das Verhältnis der beiden Männer seit Mitte August getrübt sein. Da verpasste Kalbitz Hohloch einen derart heftigen Fausthieb in die Seite, dass dieser mit einem Milzriss im Krankenhaus lag. Die Ursache ist öffentlich nicht bekannt.

Eine mögliche, vorsichtige Distanzierung Hohlochs von Kalbitz könnte der Grund sein, warum Birgit Bessin als dritte KandidatIn am Ende doch noch ihren Hut in den Ring geworfen hat. Bessin, 42, die wie Kalbitz aus dem Westen kommt, hatte zunächst angekündigt, nicht kandidieren zu wollen. Bessin gilt als besonders eng mit Kalbitz verbunden, auch wenn sie sich am Ende für seinen Verzicht vom Fraktionsvorsitz ausgesprochen hatte.

Wie Kalbitz ist Bessin eine der ErstunterzeichnerInnen der „Erfurter Resolution“ und überzeugte Flügelianerin. Wird sie gewählt, so hört man aus der Brandenburger AfD, sei Kalbitz’ Einfluss in der Fraktionsspitze weiter gesichert.