Marktmächtiger Suchgigant: US-Regierung verklagt Google

Die US-Regierung wirft Google vor, seine beherrschende Stellung im Suchmaschinenmarkt zu nutzen, um Konkurrenten „abzuschotten“ – und klagt.

Das Goggle-Logo aus Neonbuchstaben in einem Büro

Das Google-Logo in Neonbuchstaben in einem Büro in Toronto Foto: Mark Blinch/reuters

BERLIN taz | 64 Seiten lang ist die Klage der US-Regierung gegen Google und im Kern geht es um einen Vorwurf: Der Suchmaschinenbetreiber halte ein Monopol auf diesem Markt, missbrauche seine marktbeherrschende Stellung und schade damit den Ver­brau­che­r:in­nen. „Google nutzt seine Monopolstellung und das Geld, das es damit verdient, aggressiv, um Konkurrenten kontinuierlich abzuschotten und seine Monopole zu schützen“, heißt es in der Klageschrift des Justizministeriums. Das Unternehmen selbst wies die erhobenen Vorwürfe zurück.

Google ist die am meisten genutzte Suchmaschine weltweit. Für das laufende Jahr beziffert der Analysedienst Statcounter ihren Marktanteil auf über 92 Prozent. Die USA liegen mit gut 88 Prozent etwas niedriger als der globale Schnitt. Doch auch hier folgen die Anbieter Bing (von Microsoft), Yahoo und DuckDuckGo abgeschlagen im einstelligen Prozentbereich.

Dass das US-Justizministerium nun, gemeinsam mit 11 Bundesstaaten, Klage einreicht, kommt nicht überraschend: Bereits seit dem vergangenen Jahr untersucht die US-Regierung die Praktiken des Konzerns. Und US-Präsident Donald Trump ist dafür bekannt den Silicon-Valley-Konzernen nicht gerade freundlich gegenüberzustehen. Zuletzt bekamen das aber eher Facebook und Twitter zu spüren, als die sich zunehmend gezwungen sahen, Falschbehauptungen von Trump mit entsprechenden Warnungen zu versehen.

In der Klageschrift fordert die US-Regierung das Gericht zu drastischen Schritten gegen Google auf. So sollen die Richter dem Konzern die mutmaßlich wettbewerbswidrigen Praktiken verbieten. Zudem drängt die Regierung das Gericht, falls nötig, zu „strukturellen“ Maßnahmen gegenüber dem Konzern zu greifen. Einer der Punkte, die die Klage angreift: Google zahlt an Anbieter von Browsern, damit diese die Google-Suche als Standard einstellen. Die Praxis ist kein Geheimnis, doch sie ist umstritten. Denn Nutzer:innen können diese Voreinstellung zwar ändern. Doch das scheint die Ausnahme zu sein, sonst würden sich derartige Vereinbarungen für Google kaum lohnen.

Aufspaltung? Nichts Konkretes

Die Klage könnte der Auftakt zum größten Kartellverfahren in den USA seit Jahrzehnten sein. Vize-Justizminister Jeffrey Rosen begründete den Schritt vor Journalisten mit „wettbewerbsschädigenden“ Geschäftspraktiken des Technologieriesen. Zurückhaltend äußerte er sich jedoch auf die Frage, wie sich die US-Regierung eine mögliche Aufspaltung von Google konkret vorstelle. Dazu müsse der Rechtsstreit zuerst „ein wenig vorangekommen“ sein. Zugleich kündigte Rosen die Überprüfung weiterer US-Technologieriesen in Hinblick auf deren Wettbewerbsverhalten an.

Der Google-Manager vergleicht die Situation der Firma mit der eines Anbieters von Frühstückszerealien

Lob für die Klage gab es aus ungewöhnlicher Richtung: Die demokratische Senatorin Elizabeth Warren kritisierte zwar gegenüber dem Tech-Portal Recode den US-Justizminister als „korrupten Trump-Kumpel“. Doch das Ministerium verfolge eine „legitime“ Klage gegen Google wegen „wettbewerbsfeindlichem, manipulativem und oft illegalem Verhalten“.

„In der US-Politik wird mittlerweile wahrgenommen, dass es im Tech-Bereich zu Monopolbildung kommen kann“, sagt Julian Jaursch, Projektleiter beim Thinktank Stiftung Neue Verantwortung. Die Klage sei daher noch einmal ein anderes Signal als die vorangegangenen Verfahren aus Europa. Gegenüber denen hätte häufig der Vorwurf mitgeschwungen, dass die EU-Kommission auch deshalb hart gegen die US-Konzerne vorgehe, weil Europa keine große Tech-Szene habe.

Die EU-Kommission hatte zuletzt 2019 eine Milliardenstrafe gegen Google verhängt – und zwar bereits zum dritten Mal. Diese Mal ging es um Suchmaschinen-Werbung, wo andere Anbieter unzulässigerweise behindert worden seien, so die EU-Kommission. 2018 hatte die EU-Kommission den Internetriesen mit einer Strafe in Höhe von 4,34 Milliarden Euro belegt, wegen illegaler Praktiken beim Betriebssystem Android. Das Unternehmen geht vor Gericht gegen die Strafen vor.

Google widerspricht

Google reagierte mit einer Stellungnahme auf dem unternehmenseigenen Blog. Die Klage sei „zutiefst fehlerhaft“, schreibt dort Google-Manager Kent Walker. Die Klage würde Ver­brau­che­r:in­nen nicht helfen, sondern künstlich dazu beitragen, schlechter funktionierende Suchmaschinen zu stärken.

Walker vergleicht die Situation von Google darin mit der eines Anbieters von Frühstückszerealien. Auch der würde für eine möglichst gute Platzierung im Regal an Supermärkte zahlen. „Wir sind zuversichtlich, dass ein Gericht zu dem Schluss kommen wird, dass diese Klage weder mit den Fakten noch mit dem Gesetz vereinbar ist“, so Walker.

Marktbeobachter Jaursch rechnet mit einem langen Verfahren – mit schwer zu beurteilenden Erfolgsaussichten. Wenn die Klage überstürzt eingereicht worden sei – um das noch vor der US-Wahl zu erledigen –, könne es sein, dass sie Schwächen enthalte. Schwächen, die dem Beklagten Google nützen könnten. (mit afp)

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