Paris verbietet Graue Wölfe

Die ultranationalistische türkische Organisation schüre Hass

Aus Paris Rudolf Balmer

Wie von Innenminister Gérald Darmanin angekündigt, hat Frankreichs Ministerrat am Mittwoch die Aktivitäten der extremistischen türkischen Organisation Graue Wölfe offiziell untersagt und ihre Auflösung angeordnet. Bei der in zahlreichen europäischen Ländern agierenden Vereinigung handele es sich in Frankreich um „eine besonders aggressive Gruppe“, erklärte er zur Rechtfertigung seiner Maßnahme, die er nach der Auflösung von radikalen islamistischen Vereinigungen nach den jüngsten terroristischen Attentaten aus Sicherheitsgründen als notwendig erachtet.

Die Grauen Wölfe werden für verschiedene Zwischenfälle und öffentliche Provokationen im Kontext des armenisch-aserischen Konflikts um Bergkarabach verantwortlich gemacht. Ende Oktober hatten mehrere hundert Türken in Décines-Charpieu im Osten von Lyon und weiter südlich in Vienne demonstriert, um so die armenischen Bewohner herauszufordern oder einzuschüchtern. In Décines wurde das Mahnmal zum Gedenken an den armenischen Völkermord von 1915 beschmiert. „RTE“ (Abkürzung für Recep Tayyip Erdoğan), „Loup gris“ (Grauer Wolf) und „Nique l’Arménie“ (in etwa „Fick Armenien“) war mit gelber Farbe auf die Fassade gesprayt worden. Die Koordination der armenischen Organisationen in Frankreich sprach gar von einer organisierten „Jagd auf Armenier“.

Schon am 24. Juli hätten türkische „Ultra­natio­nalisten“ in Décines eine Strafexpedition gegen dort lebende Armenier organisiert. In dem Vorort von Lyon stehen zwei armenische Kirchen, ein Kulturzentrum mit einem Mahnmal und ein Radiosender der armenischen Gemeinschaft. Im Konflikt mit Aserbaidschan unterstützt die Diaspora in Frankreich mit Appellen, Geld, Material und auch Freiwilligen die ferne Heimat, während die Türkei Aserbaidschan hilft.

Die Vorfälle wegen des armenisch-aserischen Konflikts sind für Paris ein Anlass, eine in Europa auch für Aggressionen gegen türkische Oppositionelle und ausländische Erdoğan-Gegner berüchtigte rechtsextreme Vereinigung zu verbieten. In Frankreich war diese allerdings nicht als Verein zugelassen.

Ursprünglich wurden die Grauen Wölfe von einem türkischen Oberst als paramilitärische Organisation im Umfeld der ultranationalistischen Partei MHP gegründet. Sie sind „eine rechtsextreme türkische Bewegung im faschistischen Stil, die auf nationalistischen und ethnischen Elementen beruht. Der Islam ist darin eher in einem identitären Sinne von Bedeutung: Man ist Türke, also Muslim“, erklärte Jean Marcou, Experte für Politik im Mittleren Osten und Mittelmeerraum, dem Radiosender France-Info.

Heute unterstützen die Extremisten im In- und Ausland die nationalistische Politik Erdoğans. Darum dürfte das jetzt ausgesprochene Verbot die Spannungen zwischen dem türkischen Staatschef und dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron verschärfen. Erdoğan hatte wegen der Mohammed-­Karikaturen zu einem Boykott französischer Waren aufgerufen.