Fukushima-Kühlwasser soll ins Meer

Aus Tokio Martin Fritz

Trotz des Widerstandes von Anwohner und Fischern sowie aus Südkorea will Japans Regierung riesige Mengen an gefiltertem Kühlwasser aus den Atomruinen in Fukushima in den Pazifik einleiten lassen. Wie japanische Medien berichteten, dürfte diese Entscheidung noch im Oktober fallen. „Wir können diese Frage nicht immer wieder in die Zukunft verschieben, ohne uns festzulegen“, reagierte Kabinettssprecher Katsunobu Kato auf die Presseberichte. Wirtschaftsminister Hiroshi Kajiyama unterstrich, dass sich ohne einen baldigen Beschluss die Stilllegung des AKWs Fukushima verzögern werde. Sieben Jahre lang haben der AKW-Betreiber Tepco und die Regierung die Verantwortung für das Problem hin und hergeschoben. Inzwischen lagern über 1,2 Millionen Tonnen in mehr als 1.000 Tanks. Vor einem Jahr drängte Tepco lautstark auf eine Lösung, weil es auf dem AKW-Gelände spätestens im Sommer 2022 keinen Platz mehr für neue Tanks gebe. Früher fielen täglich 500 Tonnen Kühlwasser aus den Reaktoren und Grundwasser aus der Anlage an. Seit dem Einfrieren des Bodens um die Reaktorgebäude sind es noch 170 Tonnen täglich.

Eine japanische Expertengruppe empfahl, das Wasser in den Pazifik zu leiten. Dieser Meinung schloss sich Rafael Grossi, der Generaldirektor der Internationalen Atomenergiebehörde, bei einem Besuch im Februar an. Die öffentlichen Anhörungen ab April wurden als Alibiveranstaltungen wahrgenommen. Während Bürger erst gar nicht eingeladen waren, nahmen die Vertreter von Politik und Wirtschaft nur teil, um die Schuldfrage für die Folgen der Einleitung zu klären.

Die Beschränkungen für den Verkauf von Meeresfrüchten seien erst im Februar aufgehoben worden, da werde der Ruf dieser Waren schon wieder zerstört, klagte Tetsu Nozaki, Chef der Fischereigenossenschaft in Fukushima. „Regierung und Tepco müssen die Verantwortung für negative Gerüchte und falsche Informationen übernehmen“, forderte Fukushima-Gouverneur Masao Uchibori. Die „negativen Gerüchte“ beziehen sich auf die radioaktive Kontaminierung des Wassers. Die Reinigungsanlage im AKW kann 62 Radionuklide herausfiltern, arbeitet aber offenbar nicht verlässlich. Teilweise musste Tepco die Reinigung wegen überschrittener Grenzwerte wiederholen.

Doch erst einmal soll Gras über die Entscheidung wachsen. Aufgrund von Baumaßnahmen und der ausstehenden Zustimmung der Atomaufsicht soll die Einleitung erst 2022 beginnen.