Attacken auf die Berliner Museumsinsel: Geht es auch eine Nummer kleiner?

Nach den Anschlägen auf der Museumsinsel spricht der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz von einem Angriff auf die Kultur.

Schmiereien auf einer Schale

Granitschale vor dem Alten Museum Foto: dpa

Schon einmal sah Hermann Parzinger das kulturelle Erbe bedroht. Als sich die Idee eines Flussbades an der Spree anschickte, die Herzen der Berlinerinnen und Berliner zu erobert, warnte der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz vor dem Verlust des Welterbestatus – und dem Berliner Feierpublikum: „Hier werden Hunderte nicht nur baden, sondern feiern wollen“, schrieb er in einem Gastbeitrag im Tagesspiegel. „Ich empfehle einen Besuch am Schlachtensee oder in den Freibädern von Neukölln, Kreuzberg oder Pankow, dort ist die Situation längst gekippt. Unmengen von Müll, Polizei, Anwohnerklagen, Dauerparty, gute Nacht Museumsinsel!“

Nach den Anschlägen auf die Museumsinsel und den Schmierereien an der Granitschale vor dem Alten Museum sagte Parzinger der Frankfurter Rundschau: „Ich frage mich schon auch, was in unserer Gesellschaft eigentlich derzeit vorgeht. Wenn man sieht, wie vermüllt die Museumsinsel ist, nachts werden Partys gefeiert, seit der Corona-Krise nimmt das inzwischen Züge an, die schlimm sind.“

Offenbar vermengt Parzinger da einen gezielt geplanten Anschlag sowie eher pubertäre Schmiererien mit einem Unwohlsein an der Feierkultur der Stadt. Das ist natürlich sein gutes Recht. Schließlich steht Parzinger nicht den Tourismuswerbern von Visit Berlin vor, sondern einer staatlichen Stiftung, deren vornehmste Aufgabe die Bewahrung des Erbes auf der Museumsinsel ist.

Aber auch da wagt sich Parzinger weit aus der Deckung, wenn er sagt: „Es ist jetzt nicht mehr zu leugnen: Die Kultur wird angegriffen.“ Noch aber wissen wir wenig über den oder die Täter vom 3. Oktober und vom Wochenende. Waren es Verschwörungstheoretiker, Coronaleugner, linke Aktivisten? Wo war das Mitteilungsbedürfnis des Hermann Parzingers, als der Wachschutz die Attacken im Neuen Museum, im Pergamonmuseum und im Alten Museum entdeckten?

Gut möglich, dass da einer die Flucht nach vorne sucht, weil er selbst in der Kritik steht. Denn der Versuch, einen solchen Angriff zwei Wochen lang unter die Decke zu kehren, zeigt von einem nicht gerade heutigen Verständnis im Umgang mit der Öffentlichkeit. Genauso wenig wie der Versuch, ein Flussbad als Zeugin für den Untergang des Abendlandes zu bemühen.

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Jahrgang 1963, ist Redakteur für Stadtentwicklung der taz. Weitere Schwerpunkte sind Osteuropa und Brandenburg. Zuletzt erschien bei Bebra sein Buch "Morgenland Brandenburg. Zukunft zwischen Spree und Oder". Er koordiniert auch das Onlinedossier "Geschichte im Fluss" der Bundeszentrale für politische Bildung. Uwe Rada lebt in Berlin-Pankow und in Grunow im Schlaubetal.

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