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Scheuers neuer Schnellzug

Der CSU-Verkehrsminister will den europäischen Expresszug TEE reaktivieren und eine europäische Buchungsplattform schaffen. Die Grünen halten die Ideen für einen unvorbereiteten Schnellschuss. Sie fordern eine aktive Bahnpolitik wie in anderen Ländern

Ein ICE im Berliner Hauptbahnhof wird vor der Abfahrt gereinigt Foto: Paul Langrock/Zenit

Von Anja Krüger

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) will den europäischen Schnellzug TEE zurück auf die Schiene bringen und eine europäische Buchungsplattform für den Ticketkauf schaffen. Angeschoben werden sollen die Projekte mit einem europäischen Förderprogramm, sagte Scheuer vor Beginn des EU-Verkehrsministergipfels in Berlin. Bei Redaktionsschluss dauerte die Konferenz noch an.

Da Deutschland zurzeit die EU-Ratspräsidentschaft innehat, fand das Treffen unter Scheuers Leitung statt. Eingeladen waren auch Unternehmen aus der Bahnbranche. „Wir wollen mit der Bahn besser durch Europa fahren, im Personen- wie im Güterverkehr“, sagte Scheuer. Die Minister berieten auch über ein digitale Kuppelung für Züge, mit der der Schienengüterverkehr verbessert werden soll. Bislang sind vor allem die 1861 eingeführten Schraubenkupplungen in Betrieb, mit der Rangierarbeiter die Güterwagen verbinden.

Der Trans-Europ-Express (TEE) verkehrte von den 1950ern bis in die 1980er. „Wir greifen den Namen im Kontext eines gewachsenen und zusammengewachsenen Europas auf“, sagte Scheuer. Dabei gehe es um einen schnellen und durchgehenden Fernverkehr über Grenzen hinweg. „Ein solches TEE-Netz für Hochgeschwindigkeits- und Nachtzugangebote kann bis 2025 stehen, wir müssen den Einstieg jetzt schaffen“, sagte Scheuer. Zumindest bei Schlaf- und Liegewagen wird der TEE dabei auf die Deutsche Bahn verzichten müssen, denn die ist 2016 aus diesem Geschäftsfeld ausgestiegen. Andere europäische Länder wollen das Angebot aber ausbauen.

Zunächst soll der TEE nach Scheuers Vorstellungen auf Strecken fahren, die es bereits gibt – etwa in 13 Stunden von Berlin nach Barcelona oder von Amsterdam nach Rom. Später sollen durch neue Infrastrukturmaßnahmen etwa der süddeutsche Raum stärker mit Zielen in Ost- und Südeuropa sowie Skandinavien verbinden. Möglich werden soll das, wenn große Infrastrukturprojekte wie die Fehmarnbeltquerung oder der Brenner Basistunnel fertig gebaut sind. Allerdings stockt beim Berner Basistunnel der Ausbau wegen Verzögerungen auf deutscher Seite.

Um Investitionen für Unternehmen attraktiv zu machen, sei ein EU-Förderprogramm erforderlich, sagte Scheuer. Noch während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft soll eine Absichtserklärung für das TEE-Projekt unterzeichnet werden.

Das Verkehrsbündnis Allianz pro Schiene begrüßte den Plan als „wichtige politische Rückendeckung für einen besseren Bahnverkehr in Europa“. „Wir brauchen dringend attraktive, leistungsfähige Schienenverbindungen zwischen Europas Großstädten, um Kurzstreckenflüge in der EU überflüssig zu machen“, sagte Dirk Flege, Geschäftsführer der Allianz pro Schiene.

Auch der bahnpolitische Sprecher der grünen Bundestagsfraktion Matthias Gastel hält die Idee eines TEE und einer europäischen Ticketplattform für gut. „Aber die Frage ist, welche Ernsthaftigkeit hinter diesen Vorstößen von Verkehrsminister Scheuer steckt“, sagte er der taz. Die EU-Präsidentenschaft sei von der deutsche Regierung intensiv vorbereitet worden. „Das Thema Bahn hat dabei keine Rolle gespielt“, kritisierte er. Scheuers Vorstoß sei ein „Schnellschuss“, der nicht vorbereitet sei. Deswegen sei es unwahrscheinlich, dass der Minister die Idee energisch vorantreiben werde. Regierungen etwa in Schweden, Dänemark oder der Schweiz kümmerten sich aktiv um den Ausbau der Bahn. „Die deutsche Regierung macht nichts“, sagte Gastel. Dabei könnte sie wenigstens Anreize für Bahnanbieter setzen, wenn sie etwa die Trassenpreise – das ist eine Art Mautgebühr für die Schienennutzung – senken würde.

Gastel monierte, dass der Minister zusätzlich zu seinem Vorstoß für den TEE auch ein Förderprogramm für Regionalflughäfen ins Spiel gebracht hat. Aufgrund der Coronakrise leiden sie unter einem sehr großen Umsatzrückgang. Scheuer wolle Geld auf alle Verkehrsträger gleichermaßen verteilen, sagte Gastel. „Das ist keine nachhaltige Verkehrspolitik.“ Angesichts des hohen Investitionsrückstands bei der Bahn müsse vor allem dorthin Geld fließen.

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