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Labors stützen Giftthese

Auch Frankreich fordert nun Aufklärung für den „Mordversuch“ an Nawalny

Gut drei Wochen nach seiner Einlieferung in die Berliner Charité befindet sich der vergiftete russische Opposi­tions­politiker Alexei Nawalny weiter auf dem Weg der Besserung. Der 44-Jährige habe inzwischen „vollständig von der maschinellen Beatmung entwöhnt“ werden können, teilte die Universitätsklinik am Montag mit. Er werde „zunehmend mobilisiert“ und könne „das Krankenbett bereits zeitweise verlassen“.

Zuvor hatte die Bundesregierung mitgeteilt, dass zwei weitere Speziallabore in Frankreich und Schweden einen Nervengift-Kampfstoff aus der Nowitschok-Gruppe als Ursache für den Zusammenbruch des russischen Bloggers festgestellt hätten. Deutschland habe die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OVCW) eingeschaltet. Deren Expert:innen haben demnach ebenfalls Proben von Nawalny entnommen, die nun durch Referenzlabore untersucht werden sollen, hieß es weiter.

Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron reagierte mit der Forderung nach einer raschen Aufklärung der Umstände und der Verantwortlichkeiten. Der Präsident sprach in diesem Zusammenhang von einem „Mordversuch“, wie der Élyséepalast am Montag in Paris nach einem Telefongespräch zwischen Macron und seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin berichtete. Er sei in diesem Fall mit Deutschland solidarisch, erklärte Macron, der sich in der Affäre bisher öffentlich zurückgehalten hatte. Russland müsse nun im Rahmen einer glaubwürdigen und transparenten Untersuchung Klarheit schaffen, forderte Macron. Auch Regierungssprecher Steffen Seibert erklärte zu den neuen Befunden: „Wir erneuern die Aufforderung, dass sich Russland zu den Geschehnissen erklärt.“ Die deutsche Regierung stehe mit ihren europäischen Partnern „in engem Austausch zu weiteren Schritten“.

Nawalny war am 20. August auf einem Flug in Russland zusammengebrochen. Zwei Tage später wurde er in die deutsche Charité verlegt. Die Bundesregierung hatte sich lange in Schweigen gehüllt, ob und wo sie eine erneute Probe in Auftrag gegeben hatte. Grund dafür war laut Regierungskreisen auch die Sorge, dass die entsprechenden Labore gehackt werden könnten.

Russische Stellen hatten am Freitag erklärt, eigene Ermittler nach Berlin schicken zu wollen. Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin hatte angekündigt, dass sie einem russischen Rechtshilfeersuchen nachkommen und sich über Nawalnys Gesundheitszustand informieren werde, wenn dieser es zulasse. Mitarbeiter ­Nawalnys haben bereits betont, dass sie russischen Ermittlern keinen Zugang zu Nawalny gewähren würden. (dpa, afp, rtr)

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