Konflikt zwischen Ankara und Athen: Aufrüstung am Mittelmeer
In der Vergangenheit haben die USA verhindert, dass der Streit zwischen der Türkei und Griechenland eskaliert. Jetzt muss das die EU übernehmen.
D ie Welt hat sich leider daran gewöhnt, dass am Südostrand des Mittelmeeres immer wieder Krieg geführt wird. Dagegen war der nördliche Rand des östlichen Mittelmeers bislang vergleichsweise stabil. Und das, obwohl die Konflikte zwischen Griechenland und der Türkei bereits Jahrzehnte vor sich hin schwelen. Dass daraus bislang kein offener militärischer Schlagabtausch wurde, ist ein Verdienst der Nato und da insbesondere der Vormacht USA.
Dass die USA einen Krieg zwischen Griechenland und der Türkei in der Vergangenheit verhindern konnten, lag auch daran, dass beide Länder im Wesentlichen ihr Kriegsgerät aus ebenden USA bezogen. Jahrzehntelang gab es sogar einen festen Schlüssel, nach dem die US-Regierungen beide Länder mit Militärgerät versorgten und dadurch auch den Einsatz der Waffen steuern konnten.
Beide Länder haben sich von dieser „Bevormundung“ weitgehend „befreit“ – natürlich auch durch die Veränderung der geopolitischen Lage – und können nun ungehemmt ihre Interessen vertreten. Die Türkei hat schon länger massiv aufgerüstet und sich mit einer eigenen Rüstungsindustrie „unabhängiger“ von Lieferungen aus dem Ausland gemacht. Griechenland, durch die Finanzkrise ins Hintertreffen geraten, will nun nachlegen. Weil Emmanuel Macron sich im Konflikt mit der Türkei so enorm „solidarisch“ gezeigt hat, kauft Athen zum Dank Kampfflugzeuge und Kriegsschiffe in Frankreich.
Das Ganze ist nicht nur hochgefährlich, sondern auch ohne Krieg schon fatal für die Bewohner beider Länder. Das Geld fehlt für die Versorgung, die Wirtschaft liegt in Griechenland und in der Türkei am Boden.
Nach dem Motto „Nationalismus ist das Brot der Armen“ heizen der türkische Präsident Erdoğan und der konservative griechische Ministerpräsident Mitsotakis den Konflikt immer weiter an. Die EU schaut zu und lässt Macron mitzündeln, statt energisch das Vakuum zu füllen, das der Rückzug Washingtons hinterlassen hat. Da wünscht man sich doch fast die alten Amis zurück.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Deutsche Konjunkturflaute
Schwarze Nullkommanull
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Schäden durch Böller
Versicherer rechnen mit 1.000 Pkw-Bränden zum Jahreswechsel
Ende der scheinheiligen Zeit
Hilfe, es weihnachtete zu sehr
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“