Richtung: extrem rechts

Die AfD Niedersachsen hat einen neuen Vorsitzenden. Die Polizei löst mit Hunden eine Blockade auf

Aus Braunschweig Andreas Speit

Die AfD Niedersachsen hat einen neuen Vorsitzenden. Auf dem Landesparteitag am ­Samstag in Braunschweig hat sich der AfD-Bundestagsabgeordnete Jens Kersten in einer Kampf­abstimmung gegen die Landtagsfraktionsvorsitzende Dana Guth durchgesetzt. Das ist eine Richtungsentscheidung: Der 48-Jährige gehört zum offiziell aufgelösten „Flügel“ um Thüringens AfD-Landeschef Björn Höcke.

Zum Veranstaltungsort in Braunschweig, einer schmucklosen Halle am Stadtrand, waren auch 4.000 GegendemonstrantInnen gekommen. AfD-Mitglieder kamen nur verzögert in die Halle. An einer der beiden Zufahrtsstraßen hielt das Braunschweiger Bündnis gegen Rechts (BgR) eine Kundgebung ab. Die andere Straße diente als Zufahrtsstraße für die AfD. „Die AfD ist eine demokratisch gewählte Partei, sie ist aber demokratiefeindlich. Mit ihren Positionen gegen die Gleichberechtigung, gegen Presse- und Kunstfreiheit steht sie dem Grundgesetz entgegen“, sagte Margaux Erdmann vom BgR auf der Kundgebung. Mit Applaus wurde begrüßt, dass ein Bus und mehrere Autos mit Parteitagsgästen an Blockaden gescheitert waren.

Mit zweieinhalbstündiger Verspätung konnte der Parteitag dann beginnen. Wegen der Verzögerung zog die Landesparteiführung die Begrüßungsreden der zwei Bundesvorsitzenden Tino Chrupalla und Jörg Meuthen vor. Die Bundesregierung und die anderen Parteien würden versagen, die AfD müsse zu einer bürgerlichen regierungsfähigen Partei werden, sagte Meuthen.

Chrupalla betonte indes, dass niemand eine zerstrittene Partei wähle. Er rief dazu auf, „mit dem Lagerdenken“ aufzuhören, „die Patrioten“ gehörten zur AfD. „Schluss mit der Ausschließeritis, Schluss mit der Anpasseritis“, sagte er unter stürmischem Applaus. In der Halle sollen „Tino! Tino!“-Sprechchöre aufgekommen sein. Ein Anzeichen dafür, dass Parteichef Meuthens Ansehen bei der Basis angeknackst ist. Dieser hatte zuletzt erfolgreich versucht, den extrem rechten Brandenburger AfD-Landtagsfraktionschef Andreas Kalbitz aus der Partei auszuschließen.

In den Debatten um die Tätigkeitsberichte und die Landesvorstandsentlastung konnte Fraktionschefin Dana Guth sich kaum präsentieren. Ihre Rede wurde von Buhrufen und Gegröle der Delegierten begleitet. Dass die 50-Jährige von den Gegendemonstranten als „Antifa-Zeckenplage“ sprach, brachte sie auch nicht weiter. Ihr Herausforderer Kestner warf der Landesführung unter Guth vor, durch „Lethargie“ die Stagnation bei der Mitgliederzahl und eine geringe öffentliche Wahrnehmung bewirkt zu haben. „Wir müssen auf die Straße, Protestaktionen machen“, sagte Kestner.

Bei den Protestaktionen vor der Halle sollen laut der Polizei BeamtInnen und AfD-AnhängerInnen angegangen worden sein. Auf Twitter dokumentiert hingegen ein Video, wie Polizeibeamte mit Pfefferspray und Hunden, die einen Beißkrob tragen, gegen friedliche DemonstrantInnen vorgehen. Auch die Langfassung des von einem Mitglied der Grünen Jugend aufgenommenen Videos, das der taz vorliegt, zeigt, wie die Polizei die DemonstrantInnen angreift. Nichts wird geworfen, niemand geht die Beamt*innen an.

Erdmann vom BgR, die auch Mitglied der Grünen ist, sagt dazu: „Blockaden sind von dem Grundrecht gedeckt, sich friedlich zu versammeln und auf die öffentliche Meinungsbildung einzuwirken.“ Die Teilnehmenden unter Einsatz von Hunden und Pfefferspray gewaltsam zur Auflösung der Blockade zu zwingen, um die AfDler*innen zum Veranstaltungsort gehen zu lassen, sei unverhältnismäßig. Dass die Polizei anschließend die Schuld bei den DemonstrantInnen gesehen habe, zeuge vom mangelnden Interesse an selbstkritischer Überprüfung.