Meldepflicht im Knast

Demokratiefeindliche Tendenzen von Strafvollzugsmitarbeitern müssen fortan gemeldet werden

Von Plutonia Plarre

Als erstes Bundesland hat Berlin eine Berichtspflicht für demokratiefeindliche Tendenzen von Bediensteten des Strafvollzugs eingeführt. Im Rechtsausschuss des Abgeordnetenhauses verteidigte Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) die Anordnung am Mittwoch. Mitnichten werde damit ein Spitzelsystem installiert und ein Denunziantentum wie in der DDR gefördert, betonte Behrendt. Er reagierte damit auf Vorwürfe, die in Medien unter Berufung auf nicht namentlich genannte Anstaltsmitarbeiter und den Berliner Landesverband des Bundes der Strafvollzugsbediensteten Deutschland erhoben worden waren.

Die Anordnung ist seit 1. September in Kraft. Laut Behrendt handelt es sich um eine „erweiterte Berichtspflicht“, die unabhängig vom Schweregrad der verfassungsfeindlichen Aktion ist. Das heißt, auch Vorfälle, die nicht die Einleitung eines Disziplinarverfahrens zur Folge haben, müssen von den Justizbediensteten gemeldet werden. Ebenso Vorfälle, die keiner konkreten Person zugeordnet werden können. Wenn etwa verfassungsfeindliche Symbole an Wänden oder Spinden im Knast entdeckt werden, ist das zu melden.

Im Rechtsausschuss berichtete der Justizsenator von einem Vorfall, der sich im Juli 2019 in der Jugendstrafanstalt ereignet hatte: Ein Mitarbeiter habe auf seinem Schreibtisch ein Foto gefunden. Ein Tierpfleger mit einem Affen auf dem Arm sei darauf abgebildet gewesen. „Der Mitarbeiter ist Schwarz“, sagte Behrendt, „der Kollege war schwer erschüttert.“

Bundesweit werde über eine Unterwanderung der Sicherheitsbehörden durch Rechtsextremisten diskutiert, sagte Behrendt. Dagegen gelte es sich zu wappnen. Er wolle niemanden unter Generalverdacht stellen. Es gebe keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass es unter den Justizbediensteten Anhänger von rechtsextremistischen Gruppen wie den Reichsbürgern gebe. Bisher sei der Strafvollzug von so einer Entwicklung verschont geblieben, glaubt der Justizsenator. „Aber was die Zukunft bringt, wissen wir nicht.“

Ein 45-jähriger Justizbediensteter, der im März 2020 vor Gericht stand, gehört laut Behrendt zu den wenigen bisher bekannt gewordenen Einzelfällen. Der war 2019 auf frischer Tat ertappt worden, als er Handys, Bargeld, Cannabis und Betäubungsmittel in die Jugendstrafanstalt schleppte. Der Mann – er wurde sofort suspendiert – habe auf seinem Unterarm verfassungsfeindliche Symbole wie einen Totenkopf und SS-Runen eintätowiert gehabt, berichtete Behrendt. Wenn er im Dienst ein kurzärmeliges Hemd getragen habe, habe er diese offen zur Schau gestellt.

Die Berichtspflicht beziehe sich auf sämtliche Vorfälle mit demokratiefeindlicher Tendenz, erklärte der Justizsenator auf Nachfrage. Also auch auf Islamismus oder Linksextremismus, allerdings sei unter den Bediensteten in den vergangenen Jahren nichts von Letzterem bekannt geworden. Innensenator Andreas Geisel (SPD) hatte bereits vor einigen Wochen angekündigt, für Polizei und Feuerwehr einen sogenannten Extremisten-Check einzuführen.