Hotels und Kneipen in der Coronakrise: Zu viele Gäste bleiben unerkannt

Viele Wirte schludern bei der Aufnahme der Daten. Doch statt auf Sanktionen setzt Berlins Senat auf Aufklärung. Denn der Branche geht es schlecht.

eine Kellnerin serviert zwei Gästen Getränke im freien

Name, Emailadresse, Telefonnummer: Wer die nicht angibt, kriegt nichts serviert. Eigentlich Foto: dpa

BERLIN taz | Er habe das Gefühl, dass „auch hier nachgesteuert werden“ müsse, sagte Michael Müller (SPD) in der wöchentlichen Pressekonferenz des Senats, und der Regierende meinte damit die Corona-Vorgaben für Hotels, Gaststätten und Kneipen. Allerdings blieb am Dienstag ein bisschen unklar, in welche Richtung der Senat das Steuer drehen wird.

Müller würde wohl gern neue Lockerungen angehen, das wurde nach den Gesprächen im Senat mit der Hotel- und Gaststättenlobby Dehoga deutlich. Die wirtschaftliche Situation vieler Hotels und Restaurants sei schlimm. „Wir befürchten weitere Insolvenzen“, sagte Müller.

Und tatsächlich dürfte nach dem Ende der Freiluft- und Sommertourismussaison die Luft für Kneipen und Hotels wieder dünner und coronabelasteter werden. Nicht wenige Gaststättenbesitzer erarbeiten sich mit dem aktuell guten Freiluftgeschäft die wegen der Schließungen aufgelaufenen Schulden aus dem Frühjahr; ob sie aber den Winter überstehen können, wenn schon jetzt kaum jemand drinnen sitzen will, ist offen. Und viele Hotels hätten derzeit laut Müller nur eine Auslastung von 10 bis 20 Prozent.

Allerdings gelten Gaststätten auch als potenzielle Hotspots für Corona-Massenverbreitungen, und viele würden die vorgeschriebene Aufnahme der Daten der BesucherInnen nicht korrekt vornehmen, kritisierte Müller. Wobei er von „der Eckkneipe bis zum Sternerestaurant“ keinen von der Kritik ausschloss. Auf die Daten greifen die Gesundheitsämter zurück, um die möglichen Kontakte eines Coronainfizierten zu identifizieren. Werden die Listen nicht oder nicht vollständig geführt, können Infektionswege nicht nachvollzogen werden.

Mittes grüner Bezirksbürgermeister Stephan von Dassel hatte sich für ein Verkaufsverbot von Alkohol an bestimmten Orten zu bestimmten Zeiten ausgesprochen. Die Gesundheitsverwaltung sammelt mithilfe der Bezirke bereits solche möglichen Hotspots. Doch Müller hält ein Verbot derzeit für nicht umsetzbar, weil Ressourcen fehlten.

Zu neuen Regelungen oder Vorgaben wollte sich der Senat am Dienstag nicht durchringen. Stattdessen will man noch mal die Wirte aufklären, wie solche Listen vollständig, aber auch datenschutzkonform zu führen sind. Gedacht werde auch an eine Kampagne, etwa über die TourismuswerberInnen der Stadt. Denn sicher ist laut Müller: Die Infektionszahlen nehmen zu – durch Reiserückkehrer, die Öffnung der Schulen, die Gastronomie. Welche Rolle Letztere aber genau spiele bei dem Infektionsgeschehen, sei offen: „Wo viele Menschen gemeinsam feiern, drinnen oder draußen, geht Gefahr aus; in welcher Größenordnung, ist uns aber unklar.“

Klar ist, dass Müller auf eine Ausweitung der Testkapazitäten auch mithilfe privater Unternehmen drängt, um Großveranstaltungen wie Konzerte oder Fußballbundesligaspiele wieder zu ermöglichen. Dafür fehlten noch medizinische Erkenntnisse. So sei nicht belegt, wie lange von einer Person nach einem negativen Test keine Ansteckungsgefahr ausgehe.

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