Shopping zu Pandemiezeiten: Ständig Durchsagen

Schlechtes Wetter, keine Chance auf Tickets fürs Museum, Dauergedudel im Warenhaus. Der Urlaub kann nur noch besser werden.

Menschen in einer Fußgängerzone, Farben sind verwischt

Eine Sommerhose shoppen – ein Schlechtwetterprogramm Foto: Jochen Eckel/Imago

Es ist Sommer. Und ich habe Urlaub. Könnte alles wunderbar sein, aber: Corona. Deswegen bleiben wir in diesem Jahr zu Hause, und ich hatte große Pläne für Radtouren zu Brandenburger Seen. Aber wir haben nicht nur Corona, sondern auch krasses Regenwetter. Und ich frage mich wie Lenin: „Was tun?“ Eigentlich war ein Ausflug zum Großen Stechlinsee geplant, Fontane und so. Aber die Wetter-App hatte uns schon vorgewarnt: Dauerregen, 17 Grad.

Und so schwenkte ich auf das Schlechtwetterprogramm um: Seit Wochen stechen mir die Plakate für die Hannah-Arendt-Ausstellung im Deutschen Historischen Museum ins Auge. Ein Blick ins Internet verrät: ganz blöde Idee. Denn wegen Corona kann man nicht mehr einfach so ins Museum gehen. Auch nicht, wenn man schon draußen die Maske aufsetzt, Hände und Füße desinfiziert und einen Korb nimmt (oder was es sonst so an Hygienemaßnahmen gibt). Ich klicke mich durch die unübersichtliche Website und die schwammig formulierten Eintrittsregularien: „Für die Ausstellung kann ein Online-Ticket erworben werden. Die Zeitfenster um 10 Uhr sowie freitags und samstags ab 17 Uhr stehen ausschließlich dem Vor-Ort-Verkauf zum nächstmöglichen Einlass zur Verfügung.“

Hannah Arendt macht es kompliziert: Die nächsten Onlinetickets gibt es für einen Termin in elf Tagen. Ob ich auch einfach spontan kommen kann, verstehe ich nicht so ganz – es scheint mir fast so kompliziert wie Arendts Schriften.

Also Alternativprogramm: Ich werde in einem großen Warenhaus eine Sommerhose kaufen. Seit Anfang März war ich nicht mehr in solchen Läden. Und eigentlich hat man ja auch alles. Aber dann ist meine Lieblingshose gerissen. An einer Stelle, an der Hosen normalerweise nicht reißen. Klassischer Fall von Materialermüdung. Ich hab noch eine zweite. Aber das ist vielleicht doch ein bisschen sehr wenig. Ich nähere mich also im Regencape diesem Warenhaus.

Herzlich unwillkommen in der Einkaufshölle

Im überdachten Türbereich stelle ich mich ganz an den Rand, um mein nasses Cape auszuziehen. Der Wachmensch am Eingang dreht sich um: „Da dürfen Sie aber nicht rein. Der Eingang ist hier drüben. Und nur mit Maske.“ Ich fühle mich gleich herzlich unwillkommen und mich genötigt zu erklären, dass ich nicht mit triefnassem Cape einkaufen möchte. Das stopfe ich in meinen Rucksack. Warum gibt es in Kaufhäusern eigentlich keine Garderobenschließfächer? Nach fünf Minuten wird mir zu warm. Ich ziehe meinen Pullover aus und packe ihn zu dem nassen Cape in den Rucksack. Vorsicht, die Maske! Nach weiteren fünf Minuten bin ich total genervt von der ätzend lauten Musik. Egal.

Auf allen Hosenständern steht „30 Prozent auf bereits reduzierte Damenoberbekleidung“. Konsequent steht über den Pullis „30 Prozent auf reduzierte Hosen“. Ständig gibt es Durchsagen: Die Mehrwertsteuersenkung wird an mich weiter gegeben, im Erdgeschoss gibt es noch mal Rabatte auf Koffer, irgendwo anders auf Damenhandtaschen. Dieser Geräuschkulisse entrinnt man nicht. Ich weiß, warum Onlineshopping immer beliebter wird. Zwischendurch immer wieder ein lauter Gong: Meine Gesundheit liegt ihnen am Herzen, darum Maskenpflicht. Zum Glück lassen mich wenigstens die maskierten Verkäuferinnen in Ruhe, und ich kann so viele Kleidungsstücke mit in die Umkleide nehmen, wie ich will. Ätsch!

Und weil auch kaum Kunden da sind, habe ich sogar freie Auswahl der Kabine.

Trotzdem macht es keinen Spaß: Die schönen Blusen gibt es fast nur noch in Größe 36, wenn man klein und dick ist, hat man verloren. Da hätte man wohl im April kommen müssen. Am Ende finde ich zwei Hosen und einen Wollpullover. Auch gut, für morgen ist wieder Regen angesagt.

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Redakteurin in der Auslandsredaktion. Bei der taz in unterschiedlichen Positionen seit 2009. Studium der Slawistik, Politologie und Ost- und Südosteuropäischen Geschichte in Berlin, Prag und Odessa. Übersetzt aus dem Russischen und jetzt auch manchmal aus dem Ukrainischen. Schreibt immer mal wieder "Berliner Szenen".

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