piwik no script img

Anpfiff von den NachbarInnen

Für den Bau des „Wohnpark Schwachhausen“ plant der Investor HPI eine Baustellenzufahrt über die Scharnhorststraße. Die war dort nicht vorgesehen. Die AnwohnerInnen sind sauer

Von Simone Schnase

Das Neubaugebiet „Wohnpark Schwachhausen“ an der Schwachhauser Heerstraße sorgt erneut für Unmut: Nachdem sich der Investor des Areals, die Helken Planungs- und Immobilien GmbH & Co. KG (HPI) drei Jahre lang geweigert hatte, einen Teil des Areals an eine Baugemeinschaft zu verkaufen, soll er sich nun erneut nicht an Vorgaben halten.

Die AnwohnerInnen-Proteste – am gestrigen Mittwochabend fanden sie in Form einer Trillerpfeifen-Aktion statt – richten sich aber nicht nur gegen HPI, sondern auch gegen die Baubehörde: Die habe, so ihr Vorwurf, dem Investor als Zugeständnis erlaubt, eine Baustellenzufahrt an der Scharnhorstraße einzurichten, obwohl dieser Weg im Bebauungsplan ausdrücklich nur für FußgängerInnen und RadfahrerInnen vorgesehen sei. Der Weg für Baufahrzeuge und Autos sollte eigentlich von der Schwachhauser Heerstraße aus erfolgen.

Dass es nun anders kommen soll, hat, so vermuten es die AnwohnerInnen, mit dem Ärger um die bereits erwähnte Baugemeinschaft zu tun. HPI hatte das Areal an der Schwachhauser Heerstraße von der Stadt erworben unter der Auflage, eines der vier Baufelder an die Baugemeinschaft weiterzuverkaufen. Das Wohnprojekt „Stark wohnen in Schwachhausen“ erhielt im März 2017 einen Grundstückszuschlag und investierte 300.000 Euro in die Planung, allerdings verweigerte HPI dem Projekt einen Kaufvertrag. Offenbar hatte der Vertrag zwischen Immobilien Bremen und HPI Schlupflöcher enthalten, die der Investor ausnutzen wollte.

Am Ende, genauer gesagt drei Jahre später, bekam das Wohnprojekt sein Grundstück. Und als Zugeständnis bekommt HPI nun eine Baustelleneinfahrt an der Scharnhorststraße. Das zumindest vermuten die AnwohnerInnen. „Wir haben zwar keine endgültigen Beweise dafür, aber wir haben von entsprechenden Nebenabsprachen gehört“, sagt Anwohner Lothar Probst. HPI habe von Anfang an keine Zufahrtsstraße auf das Grundstück angelegt, zumindest keine vollständige: „Nur bis zum ersten Baufeld geht von der Schwachhauser Heerstraße aus eine Straße, danach ist dort Acker – dabei hätten die da komplett eine Erschließungsstraße anlegen müssen.“

Als „Ausgleich“ für dieses Versäumnis wolle HPI nun die Wegverbindung zwischen der Scharnhorststraße und dem künftigen Wohnpark nutzen. Von dem Plan, sagt Probst, sei er vom Investor selbst unterrichtet worden: „Ortsamt und Beirat wussten von nichts und fanden das auch nicht in Ordnung“, sagt er. Das Amt für Straßen und Verkehr (ASV) hatte HPI zu diesem Zeitpunkt aber bereits die Baustellenzufahrt genehmigt.

Probst und seinen NachbarInnen geht es nicht bloß ums Prinzip: „Diese Durchfahrt ist so ­schmal, dass dort keine zwei Fahrzeuge nebeneinander passen“, sagt er. Hinzu komme, dass sich die Zuwegung an einer extrem unübersichtlichen Stelle zwischen Tennishalle und Hauswand befindet. „Das würde die Verkehrssicherheit der vielen Nutzer der Scharnhorststraße erheblich gefährden – insbesondere die der Kinder, die mit Fahrrad oder Roller häufig den Bürgersteig vor dieser Einfahrt benutzen.“

Die AnwohnerInnen haben vor zwei Wochen in einem Brief an die grüne Bausenatorin Maike Schaefer ihren Unmut geäußert. „Wir haben bisher nicht einmal eine Eingangsbestätigung erhalten“, sagt Probst. Allerdings sei inzwischen der Bau- und Stadtentwicklungsausschuss des Beirates Schwachhausen „in nichtöffentlicher Sitzung und mit der Verpflichtung zur Verschwiegenheit der TeilnehmerInnen“ von einem Mitglied der Bauverwaltung von den Plänen für die Durchfahrtsstraße in Kenntnis gesetzt worden. „Über das Ergebnis sind wir nicht informiert worden“, sagt Probst.

Obwohl er dazu verpflichtet war, weigerte sich der Investor HPI, einen Teil seines Grundstücks an eine Baugemeinschaft zu verkaufen

Der taz liegt das Ergebnis indes vor: Der Fachausschuss hat in jener Sitzung der Genehmigung durch das ASV seinen Segen erteilt – bis längstens Ende 2022 und unter Einhaltung des Baumschutzes. Der Fachausschuss, heißt es dort außerdem, gehe davon aus, dass die Zufahrt „nur für die Fahrzeuge der Wohnungseigentümer*innen aus dem im Bau befindlichen Baufeld 4 genutzt wird und dass beispielsweise keine Baustellen- und Müllfahrzeuge über diese Zufahrt verkehren“.

Bei der Baubehörde bestätigt man auf Nachfrage, dass sich die Genehmigung ausschließlich auf die Erschließung des ersten, bereits fertigen Wohnblocks mit zehn Wohneinheiten beziehe. „Weil dort noch Leitungen verlegt werden müssen, kann es sein, dass da vielleicht ein LKW durchfährt“, sagt Behördensprecher Frank Steffe, „aber ansonsten handelt es sich ausschließlich um einen Zuweg für die Bewohner.“

Allerdings wurde dem Investor eine Baustellenzufahrt genehmigt und die ist normalerweise nicht für private PKW, sondern explizit für Baufahrzeuge gedacht – ein weiterer Grund für Probst, der Sache zu misstrauen. Hinzu kommt, dass Holger Horstmann, Abteilungsleister beim ASV, noch Ende Juni gegenüber dem Weser-Kurier gesagt hatte, die Genehmigung sei erteilt worden, „um Baufahrzeugen ein Erreichen des Baugrundstücks zu ermöglichen“.

Das sei „missverständlich“ ausgedrückt gewesen, sagt Steffe, der allerdings nicht beantworten kann, ob irgendwo schriftlich festgehalten ist, dass die Zufahrt wirklich nur für „die Fahrzeuge der Wohnungseigentümer*innen aus dem im Bau befindlichen Baufeld 4“ genehmigt wurde. Er sagt lediglich: „Sollte HPI sich nicht an die Absprachen halten, dann können wir die Genehmigung auch wieder entziehen.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen