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Knast trotz Corona

Aufschub aufgehoben: 380 verurteilte Straftäter*innen müssen jetzt ihre Haftstrafen antreten. Die waren wegen Corona zunächst verschoben worden

Bisher kein Infizierter in den geschlossenen Anstalten

Nach vier Monaten Aufschub wegen Corona sollen in Berlin jetzt rund 380 verurteilte Straftäter in den Knast einrücken. Sie kämen aber nicht alle an einem Tag, die Aufforderung zum Haftantritt verschicke die Staatsanwaltschaft sukzessive, sagte ein Sprecher der Justizverwaltung auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur.

Bei genau 384 Verurteilten war laut Sprecher die anzutretende Haft am 15. März ausgesetzt worden. Die Justiz wollte demnach verhindern, dass das Coronavirus von außen in die Gefängnisse getragen wird. Zudem wurden für den Fall von Infektionen freie Plätze geschaffen.

Wer sich jetzt zum ­Haftantritt melde, muss laut Sprecher zunächst 14 Tage in Quarantäne. Dafür werden auch die neu aufgebauten Isolierstationen genutzt. Es geht um Verurteilte mit Freiheitsstrafen von bis zu 3 Jahren und mit Jugendstrafen von bis zu 2 Jahren. Den Infektionsschutz koordinierten die Vollzugsanstalten in eigener Verantwortung, hieß es. Bedienstete erhielten eine persönliche Schutzausrüstung.

In der Regel kommen die neuen Insassen zunächst in die Anstalt des offenen Vollzugs, wo dann über den weiteren Verbleib entschieden wird. „Wer drogenabhängig ist, kommt schnell in eine geschlossene Anstalt“, erklärt der Sprecher. Die Justiz rechnet auch damit, dass sich nicht alle freiwillig zur Haft melden. Wer der Ladung nicht nachkomme, werde per Fahndung gesucht.

Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) hatte betont, dass die Berliner Justiz bisher „durchaus erfolgreich“ durch die Krise gekommen sei.

In den geschlossenen Anstalten habe es keinen einzigen Infizierten gegeben, im offenen Vollzug allerdings zwei Fälle. In der vergangenen Woche saßen in Berlin 3.040 Gefangene hinter Gittern – ein historischer Tiefstand. 3.972 Haftplätze stehen im Land Berlin zur Verfügung.

Der Grünen-Politiker hatte zuletzt auch für verstärkte Coronatests in den Haftanstalten plädiert – nicht nur für Bedienstete, sondern auch für Inhaftierte. (dpa, taz)

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