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Mauer weg am Mauerpark?

Laut Sportverwaltung sollen die Hinterlandmauer und der Hügel im Mauerpark im Zuge des geplanten Neubaus des angrenzenden Jahnsportparks stehen bleiben. Eine Simulation zeigt aber das Gegenteil

Von Uwe Rada

Es wäre ein geschichtsloser Beitrag des Senats zu dreißig Jahren Wiedervereinigung. Im Zuge des Abrisses und geplanten Neubaus des Stadions im Jahnsportpark soll auch die denkmalgeschützte Hinterlandmauer – der Teil der Mauer, der sie nach Westen hin abschloss – mitsamt der Böschung verschwinden, die den Sport- vom angrenzenden Mauerpark trennt. Das geht aus einer Simulation der Senatssportverwaltung hervor. Ein Sprecher der Verwaltung erklärt dagegen, die Mauer bleibe: „Ein Abriss steht nicht und stand nie zur Debatte.“

Die Simulation vom Architekturbüro Drees & Sommer ist Teil der zehnseitigen Kurzfassung einer neuen Machbarkeitsstudie der Sportverwaltung, deren Endversion nach der Sommerpause vorliegen soll. Der Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses hatte die Studie zur Bedingung dafür gemacht, dass Mittel in Höhe von 14 Millionen Euro für den Abriss freigegeben werden.

In der Kurzfassung, die der taz vorliegt, ist die Simulation überschrieben mit der Zeile „Mögliche Gestaltung nach Machbarkeitsstudie“. Eine andere Variante enthält die Kurzfassung nicht. Für Alexander Puell, Vorsitzender des Vereins der Freunde des Mauerparks, ist das ein Hinweis darauf, dass es sich dabei um die von der Sportverwaltung bevorzugte Variante handelt: „Hier wird mit Presslufthammer und Abrissbirne ein weiteres Symbol der deutsch-deutschen Geschichte getilgt.“

Puell gibt sich mit der Erklärung der Sportverwaltung nicht zufrieden. „Wenn der Verwaltung geeignete Mittel und Wege bekannt sind, die Mauer zu integrieren, sollten diese auch benannt und dargestellt werden“, so Puell. Er vermutet, dass eine Lösung mit Mauer gar nicht so einfach wäre. „Würden die Hinterlandmauer und der Hügel im Mauerpark nicht angefasst werden, müsste dort eine sieben Meter hohe Spundwand eingezogen werden. Dies passt eventuell nicht ins Flucht- und Rettungskonzept.“

Ähnlich argumentiert der Architekt Philipp Dittrich von der Bürgerinitiative Jahnsportpark. „Das Stadion soll auf Nullniveau gebaut werden, also auf derselben Ebene wie die umgebenden Straßen“, sagt er. „Das würde bedeuten, dass das neue Stadion tiefer liegt als das bisherige.“ Mit der Hinterlandmauer würde so ein Höhenunterschied von 11 Metern entstehen. Dittrich glaubt, dass ein Neubau ohne Mauer und Hügel für die Sportverwaltung einfacher sei: „Alles andere ist mit höheren Kosten verbunden.“

Ohne Mauer undHügel könnteein Neubaueinfacher sein

Federführend für die Planungen im Jahnsportpark ist die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen, die das Bebauungsplanverfahren an sich gezogen hat. Allerdings sollen der Abriss des Stadions und der geplante Neubau nicht Teil des Bebauungsplans sein. Ein Sprecher der Sportverwaltung begründet das damit, dass es sich hier um einen „Ersatz-Neubau“ handele. Der Linken-Abgeordnete Michail Nelken fordert dagegen ein städtebauliches Verfahren, das auch das Stadion mit einschließt. In der vergangenen Woche waren Linke, Grüne und SPD mit den beteiligten Senatsverwaltungen zusammengekommen, um eine Lösung in dem Streit zu finden. Nun sieht es danach aus, als habe sich der Konflikt noch verschärft.

Neben Nelken fordern auch die Grünen eine ernsthafte Prüfung, ob nicht das bestehende Stadion zu einer inklusiven Arena umgebaut werden könne. Der Abbau von Barrieren ist auch der Grund für die Eile, mit der der Senat beim Stadion Fakten schaffen will. Ursprünglich war geplant, dass im neuen Stadion 2023 die Special Olympics World Summer Games für Sportler mit Behinderungen ausgetragen werden sollen. Nun soll der Neubau 2024 oder 2025 fertig sein.

Dennis Buchner, der sportpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, war am Sonntag für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Auf Facebook schrieb er: „Die Hinterlandmauer bleibt stehen, und das hat auch noch niemand infrage gestellt.“

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