Vom Scheitern beim Kochen: Nudeln mit Spliss, Reis ohne Biss

Verbrannt, verkocht, heruntergefallen – in der Küche lauert die Katastrophe hinter jeder Ecke. Da verzweifelt auch unser Kolumnist.

Eine Frau löscht einen Brand in ihrem Ofen mit einem Feuerlöscher

Wer kennt das nicht? Foto: imago images / Panthermedia

Beim Kochen bin ich zwanghafter Multi­tasker. Bratkartoffeln braten auf der einen Platte, Gemüse frittieren auf der anderen, den Tisch aufräumen, Salat machen, den Müllsack wechseln, die Gewürze sortieren – und das alles um einen vollbeladenen Wäscheständer herumtänzelnd, der den Großteil der Küche einnimmt. Im Grunde bin ich Jesus. Aber gerade der hat bekanntlich seine weiße Weste auch mal hinters Klo geworfen.

Es passiert den besten und auch mir: in der Küche zu scheitern. Gerade ist noch alles unter Kontrolle, und ich stelle den Herd hoch, damit das Gerümpel endlich fertig wird; im nächsten Moment ist es auch schon verbrannt, verkocht, heruntergefallen. In etwa so muss sich ein Autounfall anfühlen, also theoretisch. Wobei Auto fahren natürlich auch viel schädlicher ist als kochen. Zum Glück habe ich Laminatboden.

Die menschliche Aufmerksamkeit ist instabil wie ein Gurkensoufflé. Daher ist Scheitern ein ständiger Begleiter auf unserem taumelnden Weg. Auf dem Teller sind die Resultate am sichtbarsten. Vertrocknete Teigreste mit geblubberter Kotzmaische, Nudeln mit Spliss, Reis ohne Biss: Es ist schwer, da den Mut zu behalten. Zusalzigzuscharfzuumami – tja, Mutter kann da auch nicht helfen. Wir sind auf uns gestellt, wir müssen unsere Tränen trocknen und tapfer kauen. Oder mit letzter Kraft die Packung Fertigfraß warm machen, die wir seit einiger Zeit für solche Fälle vorrätig halten. Daran glauben, dass am Ende alles gut wird.

Und: Das wird es. Auch wenn wir das in dem Moment selbst nicht wahrhaben wollen. So viele Dinge sind gar nicht so leicht, wie man denkt. Es ist in Ordnung, nicht alles hinzubekommen. Überdies: Viele Rezepteschreiber*innen sind dement und wissen gar nicht, was sie tun. „Mandeln massieren“? „Milchschaum durch die Knoblauchpresse“? „Auberginen auf einen Turm schichten und husten“? Eben.

Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.

Ordentliche Leute fassen sich da an den Kopf, unordentliche suchen noch danach. Am Ende kochen alle ja nur mit Wasser, und zwar gar nicht so heiß, denn bei hundert Grad Celsius verdampft das schon. Damit kann man nicht mal ein Taufbecken veröden. Öl ist da hitzebeständiger – und bildet eine weitere Gefahr. Oder eher: Angst. Eine kleine Privatangst, über deren Verbreitung in der Allgemein­bevölkerung ich nichts weiß. Beinahe jedes Mal, wenn ich etwas brate, fürchte ich nämlich, die Pfanne könnte in Flammen aufgehen.

Das wäre schlecht und würde allerlei Papierkram nach sich ziehen, aber Papier müsste man nach einem solchen Brand erst kaufen, und der Schreibwarenladen macht hier sehr früh zu. Außerdem müsste man ja wohl auch die Gewürze neu sortieren.

Oh, ich glaube, die Nudeln sind durch.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Seit 2015 bei der taz, zunächst als Praktikant, dann als freier Autor und Kolumnist (zurzeit: "Ungenießbar"). Nebenbei Masterstudium der Ästhetik in Frankfurt am Main. Schreibt über Alltag, Medien und Wirklichkeit.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.