piwik no script img

Das Beste ist immer die Verkostung

Eine Führung durch die „Flensburger“-Brauerei ist gar nicht so uninteressant, aber wirklich gut wird es erst am Ende. Deshalb kommen manche Flensburger fast jedes Wochenende her

Von Katharina Schipkowski

Durch das 15-minütige Imagevideo muss man irgendwie durch. Viele Dünen sieht man da, raue See, raue Typen, also so norddeutsche mit Bart und gelben Friesennerzen, manchmal allerdings auch mit Karohemden. Seit 1888 braut die Flensburger Brauerei Bier, also alles sehr traditionsreich und sehr norddeutsch,das bleibt hängen von dem ansonsten etwas öden Film. Wir sitzen mit 15 Personen auf unbequemen Bänken ohne Lehnen in einem Vorraum der Brauerei und warten auf unsere Führung.

Natürlich sind wir nicht wegen des Imagefilms hier, aber streng genommen auch nicht wegen der Brauereiführung. Wobei, irgendwie schon. Eigentlich war es eher ein Grund, für uns drei Freundinnen mal nach Flensburg zu fahren. Eine hatte Geburtstag und was soll man schenken, wo doch jede*r schon alles mögliche besitzt. Also ein Ausflug nach Flensburg. Das Hostel im Zentrum war reserviert und im Regionalzug knabberten wir Möhrchen und freuten uns vor.

„Ziemlich hoch technisiert“, merkt eine meiner Freundinnen an, als wir über einen Metallsteg in eine große Halle gehen, in der riesige, metallene Bottiche stehen. Ein technisches Summen liegt in der Luft, es rauscht und brummt und es klackert, Glasflaschen fahren auf einem Laufband vorbei. Ein anderes Laufband stapelt automatisch Kisten. Menschen sieht man außer unserer Gruppe nicht.

In einem anderen Raum stehen zwei große Kupferkessel und verbreiten doch noch etwas Bierbrauromantik, ein Flair von Handwerk und Braukunst statt von voll automatisierter Getränketechnik. Wir dackeln folgsam hinter der Bierführerin her und hören einigermaßen interessiert zu, was sie über Läuterbottiche, unter- und obergärige Verfahren, Enyme, Kohlendioxid und Schrotmühlen erzählt.

Selten stellt mal jemand eine Nachfrage. Eine Gruppe aus drei jungen Männern wirkt fast, als wüsste sie schon alles. Aber das gehört wahrscheinlich zu ihrer Performance.

Nach etwa einer Stunde sind wir mit der Führung durch. Nun kommt das Highlight: die Verkostung. In einem urig eingerichteten Wirtszimmer mit Tresen und drei großen Tischen darf es sich die Gruppe gemütlich machen und so viel Bier verkosten, wie sie schafft. Eine Stunde hat man Zeit, es wird sogar Brot, Butter, Wurst und Käse dazu gereicht. Elf Flenssorten gibt es in diesem Jahr, wie viele schaffen wir in einer Stunde? Die meisten hier scheinen ziemlich motiviert.

Elf Flenssorten gibt es in diesem Jahr. Wie viele schaffen wir in einer Stunde? Das Alkoholfreie und das dazu gereichte Wasser jedenfalls nicht mehr

Bei Brot und Bier kommen wir mit der Jungsgruppe ins Plaudern und erfahren, warum sie so uninteressiert an dem Inhalt der Führung waren. Sie wohnen in Flensburg und waren schon sehr oft hier. Einer von ihnen ganze 36 Mal. Warum? „Lohnt sich immer wieder“, sagt er grinsend und nimmt einen großen Schluck aus der Pulle. Stimmt: Die Führung kostet nur sieben Euro, am Ende gibt’s schließlich Abendbrot und Abendbier satt, also jedenfalls, wenn man schnell isst und trinkt.

Wir sind einverstanden, prosten uns zu, und wenden uns wieder der Trink-Aufgabe zu. Es gibt Kellerbier, Lagerbier, Winter- und Frühlingsbock, Dunkles und Blondes Bier. Auch Alkoholfreies und Wasser, aber das schaffen wir nicht mehr. Um Punkt 21 Uhr müssen alle raus.

Die Jungs empfehlen uns noch ein paar Kneipen, denn der einzige Laden in Flensburg ist die Brauerei schließlich auch nicht. In einer Kneipe gibt es Schnäpse mit verrückten Namen: Feuerqualle, Omas offenes Bein, rostiger Nagel. Igitt! Da lob ich mir doch das urige Flens.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen