: U-Ausschuss im Fall Lübcke
Der hessische Landtag will die Rolle der Sicherheitsbehörden bei dem Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten aufklären. Derweil wird eine weitere Panne beim Verfassungsschutz bekannt
Robert Schäfer, Landesverfassungsschutz Hessen
Der Untersuchungsausschuss im Hessischen Landtag zur Rolle der Sicherheitsbehörden im Mordfall Walter Lübcke soll einem Bericht zufolge noch im Juni eingerichtet werden. Dieser soll dann nach der Sommerpause mit der inhaltlichen Arbeit beginnen, berichtete das Recherchezentrum Correctiv am Donnerstag.
Ein Sprecher der SPD-Fraktion teilte dazu mit, dass der Landtag in der nächsten Plenarwoche (23. bis 25. Juni) über den Einsetzungsbeschluss abstimmen soll, der von Sozialdemokraten, FDP und Linke eingebracht werde.
Bereits Anfang des Jahres hatte sich der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Günter Rudolph, zu einem Untersuchungsausschuss geäußert: „Er wird kommen, davon können Sie ausgehen.“ Als möglichen Zeitpunkt für den Beginn nannte er damals das Frühjahr.
Neben der Rolle der Sicherheitsbehörden soll es im Untersuchungsausschuss laut „Correctiv“-Bericht auch um mögliche Verbindungen zum Umfeld des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) gehen.
Einem weiteren Medienbericht zufolge soll der hessische Verfassungsschutz Informationen über den mutmaßlichen Helfer im Mordfall Walter Lübcke nicht weitergegeben und somit möglicherweise dessen Besitz von Waffen ermöglicht haben.
Markus H., der wegen Beihilfe zum Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Lübcke angeklagt ist, hatte sich 2015 vor dem Verwaltungsgericht Kassel eine Waffenbesitzkarte erstritten und durfte somit legal Schusswaffen besitzen.
Der Grund für die Entscheidung des Gerichts geht laut NDR-Recherchen darauf zurück, dass der Verfassungsschutz keine aktuellen Hinweise auf rechtsextremistische Umtriebe Markus H.s gemeldet hatte. Dabei lagen der Behörde nach NDR-Informationen Erkenntnisse vor. Dennoch soll der Verfassungsschutz damals auf Anfrage des Gerichts nur über ältere Aktivitäten von H. informiert haben.
Laut dem Waffenrecht gilt eine Person unter anderem als unzuverlässig, wenn sie innerhalb der letzten fünf Jahre verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolgt hat. In dem Prozess 2015 soll der Verfassungsschutz nur über Handlungen von H. bis 2009 berichtet haben, obwohl ihm nach Recherchen des NDR ein Eintrag aus dem Jahr 2011 vorlag. Für den fraglichen Zeitraum von 2010 bis 2015 lagen dem Gericht demnach keine Informationen vor. Es erlaubte H. folglich den Waffenbesitz.
Der Präsident des Landesamtes für Verfassungsschutz in Hessen, Robert Schäfer, sagte dem NDR laut dem Bericht, dass er keine Erklärung habe, warum die Erkenntnisse zu Markus H. aus dem Jahr 2011 nicht übermittelt wurden. Ob es ein Fehler war, könne er heute nicht beurteilen. „Richtig ist, dass wir das heute anders machen würden.“
Der Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke (CDU) war im Juni 2019 auf der Terrasse seines Hauses in Wolfhagen-Istha mit einem Kopfschuss erschossen worden. Der Tatverdächtige Stephan Ernst war beim Verfassungsschutz wegen rechtsextremistischer Taten aktenkundig. Er stand jedoch nicht mehr unter besonderer Beobachtung, da er in den vergangenen Jahren nicht mehr aufgefallen war.
H. soll den mutmaßlichen Attentäter Stephan Ernst an der Waffe ausgebildet und außerdem ein Gewehr für ihn auf seiner Waffenkarte eingetragen haben. Ihm wird Beihilfe zum Mord und ein Verstoß gegen das Waffengesetz vorgeworfen.
Ab kommenden Dienstag müssen sich Ernst und H. vor dem Oberlandesgericht Frankfurt verantworten. (dpa)
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