Geheimdienst guckt rechts

Der Verfassungsschutz sorgt sich wegen der Bedrohung von Rechts, warnt aber auch vor dem Erreichen der „Schwelle des Linksterrorismus“

Trotz der vergleichsweise geringen Zahl von Rechtsextremisten in Hamburg sieht Innensenator Andy Grote (SPD) die Beobachtung dieser Szene als Hauptaufgabe für den Verfassungsschutz. Bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts für 2019 verwies er am Freitag auf den Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke, den Anschlag von Halle mit zwei Toten und die Ermordung von neun Migrant*innen in Hanau. „Wir gehen seitdem von einer dramatisch veränderten rechtsextremistischen und rechtsterroristischen Bedrohungslage aus bundesweit, auch wenn wir wissen, dass die Szene in Hamburg nicht stark ist“, sagte Grote.

Der Leiter des Landesamts für Verfassungsschutz, Torsten Voß, sagte, die Hamburger Rechtsextremisten seien bundesweit vernetzt, auch mit einem rechtsterroristischen Netzwerk, gegen das in Mecklenburg-Vorpommern ein Verfahren laufe. „Die kennen sich“, sagte Voß.

Unter anderem mit Blick auf den Anschlag auf das Auto von Innensenator Grote im vergangenen Dezember äußerte er auch seine Sorge über eine zunehmende Gewaltbereitschaft von Linksextremisten. „Wenn diese Radikalisierung durch militante Kleinzellen weiter zunimmt, könnte auch die Schwelle des Linksterrorismus erreicht und überschritten werden“, sagte Voß.

Deniz Celik, innenpolitischer Sprecher der Linksfraktion, kritisiert Voß für diese Einschätzung scharf. Der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz habe eine Entwicklung zum Linksterrorismus klar verneint. Voß befeuere mit seiner Aussage eine Phantomdebatte und schwäche die Fokussierung auf die Bekämpfung des Rechtsextremismus. „Der Geheimdienst hat ganz offensichtlich seinen Kompass verloren“, sagte Celik.

Auch die Bewegung „Seebrücke“ kritisierte den neuen Bericht. Demnach sei sie von der vom Verfassungsschutz als gewaltorientiert eingeschätzten „Interventionistischen Linken“ beeinflusst. Der Geheimdienst wittere überall Beeinflussung und Manipulation, erklärte Christoph Kleine von der Seebrücke Hamburg. Es gebe aber kein Geheimnis und keine Verschwörung, die Aktiven eine das Engagement gegen das Sterben im Mittelmeer. (dpa/taz)