piwik no script img

Comme ci comme ça

Letzter Seufzer? The Strokes mit neuem Album

Von Katharina J. Cichosch

Gitarren und Synthies nudeln, die Casablancas-Stim­me leiert, der Takt schunkelt: Nach sieben Jahren und einigen Verwerfungen – niemand rechnete mehr mit ihnen –, sind The Strokes mit einem neuem Album zurück, und die wohlmeinend formulierten Erwartungen an „The New Abnormal“ schießen eingedenk des aktuellen Alles-wird-ewig-bestehen-Lebensgefühls hoch. Selbst die Backstreet Boys haben es unverhofft in die Gegenwart geschafft, wieso nicht auch The Strokes?

Und dann vermochte bisher fast jedes neue Strokes-Album ob der jeweils unerwarteten Einverleibung diverser Genres (80er Dancefloor! Metal!) Momente der Irritation auszulösen. Auf „The New Abnormal“ wird der nun zum Dauerzustand. Kaum ist man drin, geht es scheinbar unmotiviert an einer anderen Ecke weiter. Interessanterweise haben die Bandmitglieder zwischenzeitlich solo oder in anderer Formation durch die Bank gutes Material abgeliefert. Hier muss man stattdessen auflachen, wenn Sänger Casablancas wie in „Eternal Summer“ die ihm scheinbar Gott gegebene, geradezu unangenehm anzuschauende, daher durchaus sympathische awkwardness, dieses Gegenteil von Wohlbehagen im eigenen Körper, abschüttelt. Nun versucht er sich an einem nicht mehr ganz so unterdrückten Schrei oder Falsetto, was ihm immerhin besser gelingt als früher.

Es gibt gute Passagen, die an gute Passagen vergangener Alben erinnern und dereinst ihren Weg auf „Indie“-Dancepartys machen werden, aber selbst die in der üblichen Songlogik auffordernden Synthie-Riffs können das allgemeine Schleppen kaum beschleunigen. Zeit dehnt sich. Plötzlich dauern Lieder vier, fünf, gar sechs Minuten. Es geht mehr um Feelings und ihre Versatzstücke, um Statements und Sounds statt um Songs, und das passt symptomatisch dann wieder sehr in diese Zeit. Umso deutlicher wird nun, wie sehr es die Formstrenge, die schmalen Songkorsetts brauchte, um das Ganze zusammenzuhalten. Einigen bekommt das musikalische Comme ci, comme ça besser als anderen. The Strokes fallen offensichtlich in letztgenannte Kategorie. Vieles von dem, was sie auszeichnete wie keine andere The-Band, was man mühelos lieben konnte oder hassen, das präsentiert dieser fraglos nach ihnen klingende Kessel Buntes, dieses Mimen eines Strokes-Memes, den Band-Gegnern jedenfalls als bis dato überzeugendstes Argument, es habe sich bei ihnen ja eh immer bloß um die Pose von irgendetwas anderem gehandelt.

The Strokes: „The New Abnormal“ (Sony)

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen