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corona in hamburg„Unsere 160 Hunde müssen Gassi gehen“

Hamburger Tierschutz-verein von 1841 e. V.,Süderstraße 399,www.hamburger-tierschutzverein.de

Interview Sarah Zaheer

taz: Frau David, wir alle sind gerade viel zu Hause. Ein perfekter Zeitpunkt, um ein Haustier zu adoptieren, oder?

Susanne David: Das sehen wir auch so. Die Situation ist ideal für eine Eingewöhnung. Allerdings nur dann, wenn auch nach der Coronazeit noch die Gegebenheiten und die Zeit für ein Tier da sind.

Sehnen sich gerade mehr Menschen nach tierischer Gesellschaft?

Die Nachfrage ist leider nicht gestiegen. Viele haben finanzielle Sorgen, das kann ein Hemmschuh sein, um sich jetzt für ein Tier zu entscheiden. Wir vermitteln aber trotz Corona weiter. Das müssen wir auch, weil wir weiterhin neue Tiere aufnehmen. Vermittlungen finden zurzeit unter erschwerten Bedingungen statt: Man kann nur mit vorheriger Terminabsprache kommen, nachdem am Telefon schon Informationen ausgetauscht wurden. Nur wenn alles zusammenpasst, kann man das Tier persönlich kennenlernen.

Befürchten Sie, dass aus finanziellen Gründen Tiere abgegeben werden?

Ja, da haben wir große Sorge. Gesellschaftliche Ereignisse kommen bei uns oft zeitversetzt an, daher rechnen wir in der zweiten Jahreshälfte damit, dass Menschen ihre Tiere abgeben müssen, weil das Geld fehlt.

Was ist mit Tieren aus Quarantäne-Haushalten?

Wir haben erwartet, dass vermehrt Fälle auftreten, bei denen Halter erkranken und ihre Tiere nicht versorgen können. Das ist zum größten Teil ausgeblieben, nur in wenigen Fällen wurden Tiere aus Wohnungen mit Coronaverdacht sichergestellt.

Foto: Tierschutzverein

Susanne David, 52, ist Leiterin des Hamburger Tierheims an der Süderstraße.

Wie sieht der Alltag im Tierheim momentan aus?

Die Türen sind zu. Ohne Termin werden nur Menschen reingelassen, die dringend ein Tier abgeben müssen. Die Ehrenamtlichen unterstützen uns glücklicherweise weiter. Im Schnitt haben wir 160 Hunde, mit denen man regelmäßig Gassi gehen muss. Das können wir gar nicht allein stemmen. Ältere Gassi-Geher, die zur Risikogruppe gehören, bleiben jetzt weg, aber dafür haben mehr Jüngere unter der Woche Zeit.

Vor welchen finanziellen Herausforderungen stehen Tierheime?

Noch merken wir davon nichts, aber Menschen haben gerade essenzielle Sorgen und können daher verständlicherweise weniger spenden. Spenden sind aber sehr wichtig für unsere Finanzierung. Deswegen freuen wir uns umso mehr über jeden, der noch an uns denkt.

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