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„Ostern wird sehr schlicht werden“

Während einige katholische Kirchenobere Corona für eine gerechte Strafe Gottes halten, seelsorgen die missionsärztlichen Schwestern in Marzahn-Hellersdorf fleißig weiter – am Telefon. Wie feiern sie dieses Jahr Ostern?

Interview Stefan Hunglinger

taz: Schwester Michaela Bank, am nächsten Sonntag begehen die westlichen Christ*innen das Osterfest, eine Woche später die orthodoxen und orientalischen Kirchen. Ist es nicht zynisch, während einer vielfach tödlichen Pandemie die Auferstehung der Toten zu feiern?

Michaela Bank: Ich würde das nicht zynisch nennen. Wir feiern das Leben, das Gott uns gibt, über den Tod hinaus. Das zu feiern kann Menschen auch Hoffnung und Trost geben. Wichtig ist allerdings, in der Formulierung dieser Botschaft nicht zu euphorisch zu sein, nicht zynisch zu werden.

Die katholische Osterliturgie lebt von körperlichen Ritualen, von der Fußwaschung, vom Brotbrechen und der zum Friedensgruß ausgestreckten Hand. Was bleibt von Ostern, wenn die Rituale wegfallen?

Ja, gewisse Rituale entfallen. Eine Fußwaschung am Gründonnerstag wird nicht möglich sein. Ich weiß gar nicht, wie das die Gemeinde hier lösen wird. Über das Fernsehen und das Radio wird man diese gewisse Feierlichkeit nicht transportieren können. Ostern wird dieses Jahr von einer Schlichtheit geprägt sein, die uns aber auch zu denken geben kann, uns zur Reflexion anregen kann.

Wie werden Sie und ihre Schwestern dieses Jahr feiern?

Schwester Michaela Bank77, ist Therapeutin, Theologin und Betriebswirtin. Sie lebt als missionsärztliche Schwester in Marzahn-Hellersdorf. Ihr katholischer Orden hat in Deutschland 40 und weltweit etwa 600 Mitglieder, die alle über eine medizinische Ausbildung verfügen. Bevor sie 1991 nach Berlin kam, leitete Michaela Bank eine katholische Gemeinde in Peru.

Wir werden im kleinen und geschlossenen Kreis miteinander beten. Es wird sehr schlicht werden, wir werden die Liturgie über die Medien wahrnehmen.

Liturgie ist ja das eine, aber wie gehen Sie sonst mit den Beschränkungen um? Sie und Ihre Gemeinschaft leben in Marzahn-Hellersdorf und betreiben eine Beratungsstelle für Frauen in Lebenskrisen. Sie arbeiten auch mit Menschen mit besonderen Bedürfnissen, sowie zahnmedizinisch.

Unsere Beratungsstelle ist im Moment geschlossen. Die Beratung läuft jetzt übers Telefon, das funktioniert erstaunlich gut. Für die Klientinnen ist vor allem wichtig, zu wissen, dass da jemand ist. Das ist auch bei den Menschen mit Behinderung so. Wir sind weiterhin erreichbar. Unsere Zahnärztin muss jetzt natürlich doppelt vorsichtig sein. Man kann nur hoffen, dass alles gut geht und die besonderen Maßnahmen wirken, die sie und ihre Mitarbeiter getroffen haben.

Es ist zu befürchten, dass es aufgrund der Ausgangsbeschränkungen zu einem Anstieg häuslicher Gewalt kommt. Wie ist Ihre Erfahrung in der Beratung?

Fest der Auferstehung multimedial

Ökumenisch Der rbb überträgt online und im TV den Gottesdienst zum Palmsonntag aus der Gethsemanekirche in Prenzlauer Berg. Mit Murat Üzel, dem Pfarrer der Syrisch-Orthodoxen Kirche von Antiochien, Jasmin El-Manhy, der Pfarrerin von Gethsemane, und der katholischen Pastoralreferentin Lissy Eichert, am 5. April um 10.15 Uhr.

Evangelisch Der evangelische Gottesdienst zum Karfreitag wird am 10. April um 10 Uhr aus der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche vom rbb übertragen. Pfarrerin Kathrin Oxen predigt. Aus dem Berliner Dom werden zudem Gottesdienste auf Facebook unter @BerlinerDom gestreamt.

Katholisch Einen katholischen Gottesdienst zum Ostersonntag überträgt der rbb aus der Pfarrkirche St. Joseph im Wedding am 12. April um 10 Uhr.

Seelsorge Berliner Kirchen haben ein Corona-Seelsorgetelefon eingerichtet. Unter (0 30) 4 03 66 58 85 kann mensch täglich von 8 bis 18 Uhr vertrauensvoll mit Seelsorger*innen sprechen. (sah)

Bis jetzt haben wir von keinem Fall gehört. Aber es dauert, bis jemand in einer solchen Situation nach außen geht und Hilfe sucht. Es ist definitiv eine große Sorge, die ich habe. Die Befürchtung, dass es zu einem solchen Anstieg kommt, ist berechtigt. Wir müssen jetzt bereit sein und sind gefragt, Augen und Ohren offen zu halten.

Wie bewerten Sie christliche Stimmen, die von Corona als Strafe Gottes reden, wie Mark Arndt, der russisch-orthodoxe Bischof Berlins, oder Marian Eleganti, ein katholischer Bischof aus der Schweiz? Sterbehilfe, Geschlechtervielfalt, Abtreibung und Leihmutterschaft sind ihrer Meinung nach für Corona verantwortlich.

Das ärgert mich, das muss ich wirklich sagen. Wir haben in den letzten Jahren sehr versucht, diese düsteren Gottesbilder zu verdrängen. Es gibt das Leid, keine Frage. Wenn ich an einen liebenden Gott glaube, bedeutet das ja nicht, dass ich das Leiden verdränge. Da tut sich eine Frage auf. Aber diese Frage bleibt besser unbeantwortet, als zu den alten theologischen Klamotten zu greifen und von einer Strafe Gottes zu reden.

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