Lebenslanger Lohnunterschied: 670.000 Euro weniger für Frauen

Der Gender Pay Gap unterscheidet sich noch mehr, wenn man die ganze Lebenszeit betrachtet. Das heißt dann „Gender Lifetime Earnings Gap“.

Eine Frau hebt ihr Kind in die Höhe

Auszeit von der Lohnarbeit Foto: Dakota Corbin/Unsplash

BERLIN taz | Was würden Sie mit 670.000 Euro machen? Ein Haus bauen, eine Weltreise machen oder in die Altersvorsorge investieren? Das ist eine Frage, die sich vor allem Männer stellen können. Denn im Laufe ihres Berufslebens verdienen Männer in Westdeutschland im Schnitt knapp 1,5 Millionen Euro und damit 670.000 Euro mehr als Frauen. Auch in ostdeutschen Bundesländern sieht die Lücke in den Lebenserwerbseinkommen nur geringfügig besser aus. Diese Zahlen gehen aus einer aktuellen Studie der Bertelsmann-Stiftung hervor.

Diese sogenannte „Gender Lifetime Earnings Gap“ verdeutlicht noch stärker als der Gender Pay Gap, also der durchschnittliche Vergleich vom Bruttostundenlohn von Männern und Frauen, wie ungleich Männer und Frauen finanziell behandelt werden. Denn während der Gender Pay Gap in Deutschland im Jahr 2019 bei 20 Prozent liegt, ist die Verdienstlücke auf Jahre hochgerechnet deutlich höher. Sie liegt in Westdeutschland bei 45 Prozent und im Osten bei 40 Prozent. Männer verdienen in ihrem Arbeitsleben also fast doppelt so viel wie Frauen.

Daran ändert sich zwar etwas, doch die Lohnlücke schließt sich viel zu langsam. So ist sie im Bezug auf den Bruttostundenlohn im vergangenen Jahr nur um einen Prozentpunkt gesunken.

Um die Frage, warum auch im Jahr 2019 Frauen noch immer signifikant schlechter verdienen als Männer, ranken sich viele Mythen. Die einen argumentieren mit schlechtem Verhandlungsgeschick, die anderen mit einer ungeschickten Berufswahl. Doch Fakt ist: Frauen sind nicht schuld an der Lohnlücke von 21 Prozent, es liegt am System.

Verhandeln wie Männer

Das zeigen viele Studien der vergangenen Jahre. Die Lohnunterschiede im Deutschland kommen vor allem daher, dass Frauen häufiger längere Auszeiten von der Lohnarbeit nehmen oder in Teilzeit arbeiten, um Care-Arbeit, wie Kindererziehung oder Pflege, zu übernehmen. Noch immer gilt: die Frau als Kümmerin.

Und nicht nur an dieser Stelle spielen geschlechterbezogene Stereotype eine Rolle. Das zeigt auch eine Studie der Universitäten von Warwick und Wisconsin der vergangenen Jahre. In einer Umfrage von 4600 Arbeitenden kam heraus, dass junge Frauen genauso oft nach Gehaltserhöhungen fragen wie Männer, doch sie diese deutlich seltener bekommen. Denn was von Männern als angemessen erscheine, wirke bei Frauen überehrgeizig, erklärt Studienautor Andrew Oswald.

Anstatt also weiter von Frauen zu fordern, besser verhandeln zu lernen oder naturwissenschaftliche Berufen nachzugehen, sollten alle gegen ihre Stereotype ankämpfen. Und der Staat sich mit allen Mitteln für eine gleiche Bezahlung einsetzen – und zwar dalli!

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