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petition der wocheEin altehrwürdiges Kino? Oder ein total veraltetes?

Anlass der Petition Ein Münchner Traditionskino ist in Gefahr

Das wollen die Initiatoren Die Schließung verhindern

Das wollen sie wirklichIhr Familien­vermächtnis retten

Die Kündigung kam per Hauspost. Dem Filmtheater Sendlinger Tor in München, einem der ältesten Kinos Deutschlands, droht die Schließung. Am 30. Juni endet der Pachtvertrag. Die Hausverwalterin Birte Winkelmann, deren Büro sich im gleichen Gebäude befindet, habe eine Sekretärin mit einem Brief vorbeigeschickt, erinnert sich Christoph Preßmar, der das Kino mit seinem Vater Fritz zusammen betreibt.

Er erzählt auch, dass es nicht die erste Kündigung war, die man ihnen gegenüber aussprach. Seit zehn Jahren gehe das nun schon so, und die Preßmars weisen sie jedes Mal zurück. Ihr Argument: Es sei Einstimmigkeit unter den Eigentümern notwendig, damit die Kündigung gültig sei. Die gebe es bislang aber nicht.

Hauseigentümer sind die Familien Kraemer und Winkelmann. Einmal schickte Birte Winkelmann die Kündigung kurz vor Weihnachten – als vergiftetes Weihnachtsgeschenk, so erzählt es Christoph Preßmar. „Sie möchte mehr Miete haben“, sagt sein Bruder Oliver Preßmar.

Das Kino ist für die Preßmars nicht nur ein Geschäft. Es ist eine Herzensangelegenheit. „Ich habe gern mitgeholfen, das Kino ist ein Teil meiner Kindheit“, sagt Oliver Preßmar. Mit fünf Jahren habe er schon hinter der Popcorntheke gestanden. Und als das Kino einmal unter Wasser stand, rückte die ganze Familie an.

Nun hat er eine Onlinepetition gestartet, die die Schließung des Kinos verhindern soll. Bislang haben knapp 7.000 Menschen unterschrieben. Ob das etwas ändern wird? „Ich glaube auf jeden Fall, dass es Eindruck machen wird auf die Verpächter.“ Rechtliche Folgen werde die Petition aber nicht haben. Immerhin setzen sich auch die SPD und die CSU im Münchner Stadtrat für den Erhalt des Kinos ein – etwa mit einem Antrag, den Kauf der Immobilie durch die Kommune zu prüfen.

Seit 1945 ist das Filmtheater Sendlinger Tor in der Hand der Preßmars. Gleich nach dem Krieg öffnete der Großvater es wieder, „für die Amerikaner“, wie Oliver Preßmar erzählt. Die Kriegsschäden seien anfangs nur notdürftig beseitigt worden, heißt es auf der Website. In der Anfangszeit sei noch die Kälte durch die Bombenlöcher gedrungen und die Zuschauer saßen im Wintermantel eingemummelt im Kinosaal.

Doch die Geschichte des Kinos reicht noch weiter zurück – bis in das Jahr 1913. Seine lange Tradition macht es für viele erhaltenswert, für Hausverwalterin Winkelmann hingegen ist es „komplett veraltet“, wie sie der Süddeutschen Zeitung erzählt hat: „Es ist nicht zumutbar, dass man Menschen da reinlässt.“ Gegenüber der taz wollte sich Winkelmann nicht äußern.

Ihren Vorwurf weist Oliver Preßmar entschieden zurück: „Das Kino hat die neueste Projektionstechnik, es ist technisch auf dem neuesten Stand.“ Es sei zwar alt, „aber es wurde immer auf dem aktuellsten Stand gehalten“.

Durchaus nostalgisch ist aber das Ambiente. Die Filmplakate sind bis heute von Hand gemalt. Auch der prunkvolle Kinosaal erinnert an eine Zeit, in der Kino noch etwas ganz Besonderes war. „Es ist sehr romantisch“, sagt Diana Iljine, die Leiterin des Filmfests München, bei dem am Sendlinger Tor viele Vorstellungen stattfinden. Würde es schließen, „würde ein ganz großes Stück Kultur verloren gehen“. Johann Aschenbrenner

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