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Polizei in BerlinPolizei prüft Vorfall

Die Polizei reagiert auf einen taz-Bericht über Vorwürfe gegen einen Polizeibeamten. Die Betroffene hat eine Ladung zur Zeugenvernehmung bekommen.

Alles dabei: Berliner Streifenbeamter Foto: Marius Bulling

Der Tweet der Polizeipressestelle klingt vielversprechend: „Die geäußerten Vorwürfe wiegen schwer.“ Eine interne Überprüfung des Vorfalls sei veranlasst worden. Das beinhalte auch die Prüfung möglicher strafrechtlicher sowie disziplinarrechtlicher Aspekte.

Mit dem Tweet hat die Polizei auf einen Bericht der taz reagiert, wonach ein Polizist gegenüber einer Fahrzeughalterin in eigener Sache tätig geworden sein soll (siehe Ausgabe 26.2.) Mit furchteinflößenden Gesten, wie der Hand an der Waffe, soll der Beamte von der Frau dabei zum Beispiel verlangt haben, das Nummernschild an einem ihr fremden Auto festzuschrauben.

Die 32-jährige Fahrzeughalterin hatte der taz berichtet, dass ein Polizist und eine Polizistin sie am 2. Februar aus ihrer Wohnung in Schöneberg geholt hätten, weil sie ein Auto zugeparkt habe. Der Polizist habe sie auf der Straße angeschrien. Er habe sie angewiesen, ihr Auto auszuparken, auf die Knie zu gehen – „Hinknien!“ – und das kaputte Nummernschild an dem hinter ihrem stehenden Auto festzuschrauben. Danach habe sie mehrfach Abbitte leisten müssen: „Nachsprechen: Ich habe einen Fehler gemacht, es tut mir leid.“

Was die Frau die ganze Zeit nicht wusste: Der Beamte war selbst der Besitzer des Autos mit dem losen Nummernschild. Erst auf Nachfrage der taz bei der Polizeipressestelle kam das heraus. Nach Angaben der beiden eingesetzten Kollegen sei der Einsatz aber „sachlich und höflich“ verlaufen, so die Pressestelle. Auch sei es vorwiegend die Kollegin des Polizisten gewesen, die das Gespräch geführt habe.

Die Fahrzeughalterin hat eigenen Angaben zufolge am 7. Februar wegen des Vorfalls Strafanzeige gegen den Beamten erstattet. Eine Polizeipressesprecherin bestätigte das am Donnerstag gegenüber der taz. Die Strafanzeige werde von der für Beamtendelikte zuständigen Abteilung des Landeskriminalamtes (LKA) bearbeitet. Ein förmliches Ermittlungsverfahren sei aber noch nicht eingeleitet worden. Erst wenn die Prüfung des Sachverhaltes ergebe, dass ein Ermittlungsverfahren einzuleiten sei, würden auch disziplinarrechtliche Fragen geprüft.

Die Betroffene berichtete am Donnerstag auf Nachfrage der taz, dass sie vom LKA inzwischen eine Ladung zur Zeugenvernehmung bekommen habe.

Gemäß beamtenrechtlicher Vorschriften ist es Amtsträgern untersagt, in eigener Sache tätig zu werden. Die Schilderungen der Frau legen auch den Tatverdacht einer Nötigung nahe. Ein Polizist, der eine Autoreparatur und unterwürfiges Verhalten als Gegenzug für den Verzicht auf eine Anzeige verlangt – das könnte außerdem auf einen Bestechlichkeitsvorsatz schließen lassen.

Die Reaktionen in den sozialen Netzwerken auf den Tweet der Polizei fielen eher skeptisch aus: Bei einer interen Prüfung wisse man bei der „guten alten Polizei“ ja schon, was dabei rauskomme, schrieb einer.

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12 Kommentare

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  • Hallo,

    danke vielmals für Ihren Artikel!



    Falls Jemand wüsste, ob man etwas sagen darf, wenn die Bodycam ausgeschaltet wäre, bitte ich Sie oder ihn um einen Kommentar. Habe jetzt im sechsten Monat keine Zuschüsse/ Beitragserstattung der Krankenversicherung und das scheint bestimmten Leuten offenbar unerträglich.

    Der Leiter des Polizeipostens in unserem Dorf hätte just (mal wieder/ böswillig) meine gesetzliche Zwangsbetreuung angeregt. Einen Anöss dazu hätte ich meines Wissens nicht gegeben, das wird man ja wohl noch sagen dürfen.

    Auf jeden Fall nochmal danke für den Artikel- man denkt ja immer dass man alleine damit wäre. Ich finde es angenehem, dass das grundsätzlich nicht der Fall zu sein scheint.

    Gegen das Überschreiten von Gesetzen wäre ich ausdrücklich. Es wäre aber doch in Zeiten von CORONA schade, wenn man sich nicht gegenseitig Mut zusprechen könnte. Dafür wäre das Internet ja eigentlich (auch) da.

    Ich mag auch die die Einschüchterung nocht so gerne.



    Mit freundlichem Gruß



    Fredo

  • Es braucht institutionelle und rechtliche Reformen, mit denen sichergestellt wird, das der Korpsgeist einiger Beamter nicht weiter den Rechtsstaat untergräbt. Bis dahin helfen nur Beweise wie Videoaufnahmen und ähnliches um zu verhindern, dass am Schluss solcher Beschwerden kein Beamter mehr sich mit Äußerungen wie "es gibt keinen Anlass an den Einlassungen meiner Kollegen zu zweifeln" rausreden kann um weiter Verbrechen in der Amtsausführung zu decken.

  • 6G
    65940 (Profil gelöscht)

    Psychisch kranke Polizeibeamte stellen eine ernste Gefahr dar. Ich wünschte, sie würden endlich entwaffnet werden. Wir leben nicht im Mittelalter.



    Ich hasse Polizist*innen wie die Pest, weil sie mich in jüngeren Jahren misshandelt, sexuell genötigt und gedemütigt haben. Sie waren auch von diesem Schlag. Ich war leider zu jung um es anzuzeigen (was ja auch nichts bringt).

    • @65940 (Profil gelöscht):

      Das größere Problem sind nicht die "psychisch kranken Polizisten", sondern die Polizisten, die statt ihre Aufgabe nach zu gehen und die Bürger zu schützen, daneben stehen, lachen und zusehen wie ihre Kollegen Verbrechen begehen ... und dann im Einsatzbericht Lügen wie gedruckt um die Verbrechen zu vertuschen.

      • 6G
        65940 (Profil gelöscht)
        @Franz Georg:

        Absolut. Darum ist mein Hass auch generalisiert. Wobei die junge Beamtin vermutlich (noch) in Ordnung war. Aber sie will evtl. ihre Karriere nicht opfern bzw. kaputt gemobbt werden.

        • @65940 (Profil gelöscht):

          Peter, aber genau dadurch wird sie "Teil des Problems"



          Wenn ein Mensch so verdorben und von Herzen schlecht ist, dass er seine eigene Kariere über die Pflichterfüllung stellt und durch gezieltes Lügen eine Beförderung erhofft ... hat er/sie nichts in einer Uniform verloren --- die zerstören da das Leben von Menschen einfach nur aus Spaß, Menschenhass, Rassismus oder Karrieregeilheit ... unfassbar.

          • 6G
            65940 (Profil gelöscht)
            @Franz Georg:

            Ich wollte damit sagen, dass die wenigsten Menschen zur Selbstopferung neigen. Die Zivilistin wurde auch nicht geschlagen oder so. Wenn die Beamtin aussagt, weiß jeder, dass sie diejenige war. Dann ist sie Freiwild.



            Helfen würden hier zB. Bodycams (wie auch ein anderer Kommentator schrieb). Aber soweit, ein strukturelles Problem zuzugeben, ist man in DE noch nicht. Allerdings könnte man die Cams vordergründig zum Selbstschutz einsetzen. Dann aber nicht, völlig absurd, jegliche weitere Verwendung ausschließen, wie es aktuell für Bundespolizist*innen geplant ist. Diese Arroganz macht mich krank.

    • 6G
      65940 (Profil gelöscht)
      @65940 (Profil gelöscht):

      Die sexuelle Nötigung war übrigens entkleiden wegen einer lächerlichen Bagatelle. Ein beliebtes Mittel der Bestrafung.

  • 9G
    99140 (Profil gelöscht)

    Das Landeskriminalamt übernimmt in Berlin die Ermittlungen, bei Anzeigen gegen Polizeibeamte??



    Seltwürdig...

    • @99140 (Profil gelöscht):

      Ja, so ist das. Die Bundesrepublik wird zwar Jahr für Jahr von der EU dafür gerügt, dass es hier keine Behörde für die Untersuchung von Polizeikriminalität gibt - aber das prallt an den Entscheidern regelmäßig ab.

    • @99140 (Profil gelöscht):

      Steht doch drin. Bei Amtsdelikten begangen von Polizeibeamten ist das LKA die zuständige Aufklärungsbehörde. Oder sollen die Polizisten gegen sich selbst ermitteln?

      • 9G
        99140 (Profil gelöscht)
        @Cerberus:

        Achso. Ich Dummerchen.



        Ich dachte schon, beim LKA seien auch alle Polizisten.



        Dann ist ja alles i.O.



        Mit wäre es recht, wenn solche Ermittlungen von einem externen Ermittlungsdienst durchgeführt und gerichtsfest gemacht würden.



        Das würde dann natürlich eine, speziell für diesen Bereich zuständige, Abteilung bei der Staatsanwalt voraussetzen.



        Ermittlungsbehörde mit Turnusmässig eechselnden RA, Ex-Richtern und erfahrenen Ermittlern besetzen, die Staatsanwaltschaft bietet eine nach aussen abgeschlossene und autark arbeitende Abteilung und Falschaussagen, Falschbezichtigungen, VE in Gerichtsverhandlungen etc werden konsequent hart geahndet.



        Jaja...in einer idealen Welt. Aber, warum eigentlich nicht?