: Infektionsalarm in Frankreich
Das Pariser Gesundheitsministerium bereitet sich darauf vor, dass noch mehr Corona-Infizierte einreisen. Bisher sind drei Fälle bestätigt worden
Bisher gibt es drei durch beim Pariser Pasteur-Institut entwickelte Tests bestätigte Fälle von Erkrankungen mit dem aus China importierten neuen Coronavirus. Den Patienten, zwei in Paris und einem in Bordeaux, die in den Krankenhäusern von den übrigen isoliert sind, gehe es zufriedenstellend gut, informieren die Behörden. Dennoch macht sich vor allem in den französischen Städten mit einer großen chinesischen Bevölkerung (insgesamt mehr als 600.000) Angst breit. Sowohl in Bordeaux wie auch in Paris wurden die Feierlichkeiten und Umzüge zum chinesischen Neujahr abgesagt.
Über das Fernsehen versucht die Gesundheitsministerin Agnès Buzyn, unterstützt von Epidemiologen und anderen Spezialisten, die Bevölkerung zu beruhigen. Frankreich ist ihren Angaben zufolge für alle Fälle bestens gerüstet und in der Lage, eine Ausbreitung zu vermeiden. Dennoch wird bereits Kritik laut, weil noch bis in der letzten Woche Direktflüge aus Wuhan, dem Ausgangspunkt der Epidemie, eintrafen und am Flughafen Paris-Roissy keinerlei spezielle Kontrollen organisiert oder Vorkehrungen getroffen waren.
An diesem Flughafen im Norden der Hauptstadt eintreffende französische Passagiere, wie namentlich vier Austauschstudentinnen aus Lille, den es gelungen war, Wuhan gerade noch vor der Verhängung der Quarantäne per Bahn zu verlassen, meinten, es sei erstaunlich, dass sie sich bei ihrer Ankunft keinerlei Befragung oder medizinischen Kontrolle unterziehen mussten. Mehrere andere Passagiere erklärten, vor dem Abflug aus China sei systematisch die Körpertemperatur gemessen worden.
Erst ab dieser Woche soll laut Regierungsangaben nun auch am Flughafen Paris-Roissy ein Ärzteteam eingesetzt werden, das Reisende von Direktflügen aus der Volksrepublik China vor allem auf verdächtige Symptome prüfen soll. Gegebenenfalls werden sie dann zur genaueren Diagnose an die zuständigen Krankenhausabteilungen weitergeleitet.
In den Medien wird wiederholt mitgeteilt, wer verdächtige Symptome habe, solle nicht direkt in die Notaufnahme oder zum Hausarzt gehen, sondern die zuständige Notarzt-Rufnummer 15 kontaktieren.
Es verwundert nicht, dass Frankreich als erstes europäisches Land mit bisher mindestens drei Fällen von der Epidemie betroffen ist. Wuhan ist seit 1966 Frankreichs Ausgangsbasis für die wirtschaftliche Zusammenarbeit. Dort wurde auch 1992 eine erste Fabrik des Automobilherstellers PSA (Peugeot-Citroën) gebaut. Weitere Unternehmen folgten: Eurocopter, L’Oréal, Pernod-Ricard, Alstom, Total und Alcatel haben Ableger oder Werke in Wuhan, wo bis zu 3.000 französische Staatsangehörige leben.
Rund 500 verbliebene Französinnen und Franzosen, unter ihnen namentlich Beschäftigte von PSA und ihre Familien, möchten Wuhan mit Autobussen verlassen. Frankreich verhandelt mit den chinesischen Börden über eine Ausnahmegenehmigung.
Auch die USA möchten ihr diplomatisches Personal vorsichtshalber aus China evakuieren. Für andere US-Bürger gebe es in den dazu reservierten Flugzeugen leider sehr wenig Platz, heißt es dazu. Japan hat inzwischen ebenfalls angekündigt, seine Bürger aus Wuhan zu evakuieren.
Rudolf Balmer, Paris
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen