: Bau von Windrädern ist eingebrochen
Die Ausbaukrise der Windkraft hat sich verschärft. 2019 gingen kaum noch neue Anlagen in Betrieb
Von Andreas Honig
Der Bau neuer Windräder an Land ist im vergangenen Jahr in Deutschland auf den tiefsten Stand seit mehr als 20 Jahren eingebrochen. Nach vorläufigen Zahlen wurden nur 276 neue Windenergieanlagen in Betrieb genommen mit einer Gesamtleistung von 940 Megawatt. Im Vergleich zum Vorjahr ist dies bei der Leistung ein Rückgang von mehr als 60 Prozent, im Vergleich zum Durchschnitt des Zubaus der vergangenen fünf Jahre ein Minus von 77 Prozent. Das geht aus einer Auswertung der Fachagentur Windenergie an Land hervor.
Die meiste Leistung ging demnach im vergangenen Jahr in Brandenburg ans Netz mit 57 Anlagen und rund 194 Megawatt (MW), gefolgt von Niedersachsen mit 54 Anlagen und 181 Megawatt. Im flächenmäßig größten deutschen Bundesland, Bayern, gingen gerade einmal sechs neue Windenergieanlagen in Betrieb mit einer Leistung von rund 18 Megawatt. In Bayern gilt bundesweit die schärfste Regelung für den Abstand von Windrädern zur Wohnbebauung.
Historisch betrachtet lag der Jahreszubau laut Fachagentur zuletzt im Jahr 1998 unterhalb von 1.000 Megawatt. Der Einbruch hatte sich im Jahresverlauf bereits angedeutet. Hauptgründe sind lange Genehmigungsverfahren, zu wenig ausgewiesene Flächen und viele Klagen. Vor Ort haben sich viele Bürgerinitiativen gegen den Bau von Windrädern gebildet.
Die Branche schlägt Alarm. „Der politisch verursachte Zubaueinbruch im Jahr 2019 birgt enorme Gefahren für die Erreichung der deutschen Klimaschutzziele und gefährdet darüber hinaus das Wertschöpfungsnetzwerk der deutschen Windenergiebranche“, sagte der Präsident des Bundesverbands Windenergie, Hermann Albers. Dabei würden erneuerbare Energien dringend benötigt. „Die Bundesregierung muss jetzt schnell in die Umsetzung des 18-Punkte-Arbeitsplans aus dem Bundeswirtschaftsministerium gehen“, sagte Albers. Dieser sieht etwa vor, mehr Rechtssicherheit bei der Regionalplanung zu schaffen und Genehmigungen zu beschleunigen. „Nur so kann der Zubau der Windenergie an Land wieder stabilisiert werden. Gelingt das nicht, droht Deutschland in eine Ökostromlücke zu laufen“, sagte Albers. Er verwies auf eine Analyse des Instituts EWI Köln. „Eine solche Unterversorgung mit erneuerbaren Energien gefährdet die Investitionsentscheidungen der deutschen Industrie, etwa im Bereich der Elektromobilität.“ Strom aus Windkraft ist neben Solarstrom eine tragende Säule der erneuerbaren Energien. (dpa)
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